Die Zukunft des Disney Village – Die Geschichte des Disney Village Teil 6
08.09.13, 14:52 |
In den vorherigen Teilen unserer Serie zur Geschichte des Disney Village habe ich mich ausführlich mit der Entwicklung des Disney Village von seinen Anfängen als Festival Disney zum heutigen Disney Village beschäftigt.
Aber damit soll diese Serie nicht enden, denn die Geschichte des Disney Village ist nicht abgeschlossen, sie geht weiter, deshalb wollen wir heute einen Blick in die Zukunft werfen.
Damit meine ich nicht die Eröffnung des Lego Stores, der noch für diesen Monat angekündigt ist, sondern den geplanten längerfristigen Ausbau des Disney Village.
Um aber analysieren zu können, was die Zukunft des Disney Village bringen könnte, ich muss hier im Konjunktiv schreiben, denn wie alles rund um die Zukunft des Disneyland Paris ist natürlich auch das Konzept des Disney Village ständigen Änderungen unterworfen, sollten wir zunächst noch einmal einen Blick auf den aktuellen Stand der Dinge werfen und erneut ein wenig in die Vergangenheit reisen.
Das Disney Village heute – eine Bestandsaufnahme
Lasst mich zunächst den aktuellen Stand betrachten. Ich denke, es ist offensichtlich, dass DAS Hauptproblem am heutigen Konzept des Disney Village ist, dass es kein KEIN Konzept mehr hat, dass es in seiner aktuellen Form keiner Idee mehr folgt.
Natürlich muss man die urprüngliche Idee von Frank Gehry nicht mögen, natürlich war sie Geschmacksache. Ich persönlich liebte sie, mir gefiel seine Formensprache, seine Reduktion, die Idee des Zulaufens auf den Bahnhof, die „Gehry-Thematisierung“ – aber natürlich war sie sehr speziell.
Schon früh wurde begonnen, die Idee Gehrys aufzulösen – schon der Bau des Kino-Komplexes und des Planet Hollywood Restaurants wollten stilistisch nicht mehr in die Idee Gehrys passen, sondern folgten beide, vor allem aber das Gaumont, der Architektur, die in den 90er Jahren in aller Welt üblich war, ohne etwas Besonders zu haben, ohne Drehung, ohne Wendung, ohne Idee.
Und die Auflösung setzte sich fort, die Säulen, ein Kernelement von Gehrys phänomenalen Entwurf, wurden zunächst entkernt, dann nach und nach aufgelöst. Restaurants wurden ausgetauscht und durch solche ersetzt, die sich nicht nur vom Aussehen her, sondern auch vom inhaltlichen Thema nicht mehr in die ursprüngliche Idee des Village einpassen. Das Hinzufügen der bunten Leuchtballons führte zu einer Aufgabe der klaren Struktur und dem Rückstrahl-Effekt den die Materialien, die Gehry einsetzte, eigentlich bieten sollten. Der Abbau des Sternenhimmels, wohl aus Kostengründen, nahm die von Gehry geplante Stimmung weg und endgültig aufgelöst wurde die Idee Gehrys im „alten“ Teil des Villages mit der großflächigen Bepflanzung in rund abgegrenzten Grünflächen, die das Village nach der Meinung vieler Besucher einladender machte. All das kann man man mögen oder nicht, da gibt es viele Meinungen; ich mag es nicht. Aber sicherlich gibt es nur eine Meinung zu der Frage, ob all die Neuerungen dazu dienten, dem Village ein neues Konzept an Stelle des alten von Gehry zu geben.
Die Antwort auf diese Frage kann nur „Nein“ sein – das Village ist konzeptlos.
Einen erneuten Stilbruch erlebte das Disney Village kürzlich auch im Bereich der Neubauten – im den Parks zugewandten Teil. Mit dem World of Disney Store wurde ein neuer Stil ins Village eingeführt, der nicht mehr als modern zu sehen ist, sondern den ersten Rückgriff in die Architekturgeschichte darstellt. An den Stil des Art Deco angelehnt ist der World of Disney Store für sich gesehen ein ansprechendes Gebäude, das sich aber, wie so vieles andere, nicht in die Stilistik des Villages fügen will. Dass auch Disney erkannt hat, dass der Store vollkommen deplatziert wirkt, zeigt sich an den erst jüngst bekannt gewordenen Plänen zur Farbänderung für den Außenanstrich des Kino-Komplexes, der an das Farbkonzept des World of Disney Stores angepasst werden soll – aber da dies nicht in die Struktur des Gebäudes eingreift, denke ich, dass der Effekt nur gering sein wird.
Nun könnte man denken, dass der World of Disney Store eine Vorlage für die weitere Entwicklung des Disney Villages sein könnte – aber ist er das auch?
Ein Zitat der künstlerischen Leiterin für die Entwicklung des Disney Village, Nathalie Piette-Caron, scheint darauf hinzudeuten:
“World of Disney is part of our vision for the future of Disney Village. We have plenty of great ideas and plans for this unique place but it’s too early tell you more about that!”
Auch die folgende Aussage deutet darauf hin:
“They say that World of Disney has been a great success and that it is only the start of the evolution of Disney Village. Work will start to intensify in 2014.”
Der Lückenschluss vom Disney Village zum Val d’Europe
Wenn der World of Disney Store eine Vorlage sein soll, heißt das dann, dass der alte Teil in einem dazu passenden Stil umgebaut wird? Das kann ich mir nicht vorstellen, das würde einem Abriss des Areals gleichkommen, der für das Disneyland Paris sicher nicht zu finanzieren ist.
Aber das muss auch gar nicht so sein, denn auch, wie vorhin bereits erwähnt, als man das Konzept Gehrys annahm, war es nie geplant das Disney Village jemals in diesem Stil zu erweitern. Es war immer geplant, dass die zweite Hauptstraße des Disney Villages einen anderen Stil haben sollte. War dies schon immer eine Art Deco Idee? Eher nicht.
Eines ist klar: In den kommenden Jahren soll der Lückenschluss zwischen dem Val d’Europe Bereich und dem Areal Disney-Hotels/Disney Village vollzogen werden. Im Bereich Val d’Europe ist man auf diesem Weg schon weit forgeschritten, fehlt noch das Hotel/Village Areal.
Lückenschluß von Seite des Disney Village
Eine Erweiterung des Disney Village Areals war schon von jeher geplant. Die ursprüngliche Idee war es, neben der eher am Thema „Party“ orientieren Hauptstaße des Disney Village eine zweite Hauptstraße einzufügen, die sich mehr an die Freunde ruhigerer Abendunterhaltung richten sollte, mit Piano-Bars, einer Jazz-Bar, eine Blues-Bar, Restautrants, Geschäften etc.
Der Stil sollte an New Orleans erinnern (denken wir nur an das großartige Artwork von Dan Goozee zurück, das an dieser Stelle noch einmal gezeigt wird und u.a. ein Restaurant im New Orleans Stil umfasst. Die Straße sollte dann auslaufen in Richtung des Areals, das für das noch fehlende Hotel am Lake Disney geplant war (und ist) und das stilistisch dazu passen sollte.
Dieser neue Teil sollte einerseite das ganze Areal beinhalten, das sich zwischen Disney Village und dem Newport Bay Club befindet und andererseits den nordöstlichen Rand der Straße (Avenue Paul Seramy), die die Sichtachse auf das Disneyland Hotel bildet.
Die andere Straßenseite war für ein weiteres Konferenzzentrum in passendem Stil, das darüber hinaus viel größer sein sollte als die beiden heute Bestehenden, und ein weiteres Hotel vorgesehen. Ein Plan aus dem Jahr 1996 zeigt, wie es nach damaliger Planung aussehen sollte. Teile davon wurden auch umgesetzt, wie die Convention Center Erweiterung für den Newport Bay Club, von anderen ist noch nichts zu sehen.
Der Plan von 1996 als Vorlage für das Disney Village nach 2013?
Nun könnte man denken, 1996, 17 Jahre sind seitdem vergangen, so vieles hat sich an der Planung des Disneyland Paris geändert, also wird da nichts mehr dran sein – weit gefehlt!
Die Idee der Gestaltung des neuen Bereichs hat sich sicherlich geändert, zwischenzeitlich war statt des New Orleans-Themas an eine Gestaltung im Stile des Boardwalk in Walt Disney World gedacht worden, es gab kürzlich Gerüchte darüber, das (in ferner Zukunft) zu erwartende Hotel solle im Stile des WDW Art of Animation Resorts gehalten sein – aber das würde jeglicher Idee eines ruhigeren, gesetzteren Bereichs für Abendunterhaltung komplett widersprechen.
Die Thematisierung des zukünftigen Disney Village
Also zurück zum Stil des World of Disney Stores. Auf der Karte von 1996 ist an der Stelle, an der sich heute der World of Disney Store befindet, bereits ein Gebäude zu sehen – zunächst einmal ensteht der Eindruck, dass sich der Worl of Disney Store am komplett anderen Ende des Geländes befindet und die Village-seitige Bebauung von „The Mall“ ist nur sehr dünn gezeichnet, so dass dies auch nur eine Abgrenzung sein könnte, aber wenn man sich die neueren Pläne betrachtet, dann sieht man, das entlang dieser Straße sehr wohl eine Bebauung geplant ist.
Und, wenn man die alten Thematisierungsideen allem Anschein nach verworfen hat, so liegt die Idee des Art Deco Stils gar nicht fern, denn auch für die ursprüngliche Planung des Disney Hotelgeländes gab es die Idee eines Art Deco Hotels, wie wir in einer bald startenden Serie zur Architektur der Disney Hotels sehen werden.
Und diese Interpretation würde auch zur oben zitierten Aussage von Nathalie Piette-Caron passen, dass der World of Disney Store Vorbild für die weitere Ausgestaltung des Disney Village sein soll.
Es gibt aber auch noch eine andere Art der Interpretation für die zukünftige Thematisierung:
Der Art Deco Stil des WoD könnte als thematischer Lückenschluss zu den Walt Disney Studios dienen, denn auch der ursprüngliche Bereich des Production Courtyard erinnert an die Art Deco Ära – und dann wäre der Weg offen, für eine andere Thematisierung des neuen Areals.
2010 – 14 Jahre später, ein neuer und doch alter Plan
Wenn auch die Thematisierung noch offen ist und sicherlich von der urspünglichen Planung abweicht, so ähnelt die heute geplante Struktur der Zukunft des Disney Village und Hotel-Areals zum Val d’Europe hin doch deutlich der ursprünglichen Planung, so wie es auch schon in den Anfangsjahren angedacht war, wie der folgende Bebauungsplan aus dem Jahre 2010 verdeutlicht. Hier ist die Zukunft schon viel deutlicher zu erkennen.
Auch gut deutlich auf den Plan zu erkennen ist, dass das System der Wasserflächen deutlich erweitert werden soll und neben dem „Disney Square“ auch für den Zugang zu „The Mall“ und als Eingangsbereich für das neue Kongresszentrum interessante, mit Wasserflächen gestaltete Bereiche entstehen sollen.
Zwei Stile für das Disney Village?
Es wäre gut möglich, dass man zwei Stile einsetzt, auf der nordwestlichen Seite der Avenue Paul Seramy den einen Stil, der sich mehr am heutigen Disney Areal orientiert und auf der gegenüberliegenden Seite einen Stil, der den nahtlosen Übergang zum Stil des Val d’Europe herstellt – denn mit dem Lückenschluß ist auch mit einem Anwachsen des „Fußgänger-Verkehrs“ aus dem Val d’Europe Bereiches zu rechnen, da auch in diesem Areal, in dem Bereich, der aktuell noch nicht bebaut wird, neue, externe, Hotels entstehen sollen, für die der Bereich „The Mall“ dann die Anbindung an die Parks und die Disney-Welt darstellen soll, wofür ein sanfter stilistischer Übergang angedacht ist.
Die Idee der weiteren externen Hotels wird auf dem folgenden Bebauungsplan für das Val d’Europe ersichtlich, der in seiner aktualisierten Version von 2011 stammt.
Eine Blick in die Glaskugel
Wir sehen also, dass die Entwicklung des Disney Village noch lange nicht abgeschlossen ist – und dass sich die zukünftige Entwicklung in einen Masterplan einfügt, der weit mehr als nur das Village beinhaltet.
Deshalb ist auch die weitere Entwicklung des Disney Village unmöglich zu trennen von der Weiterentwicklung des Disney Hotel Areals und des Val d’Europes.
Aber darauf kommen wir noch einmal zu sprechen, wenn wir demnächst unsere Serie zur Architektur der Disney Hotels beginnen.
Zum Abschluss der Serie über das Disney Village möchte ich noch eine Grafik zeigen, die alles das, was in diesem Artikel behandelt worden ist auf einer Google-Maps Aufnahme kombiniert und ein gutes Bild davon gibt, wie die Struktur des ganzen Gebietes in der Zukunft aussehen könnte.
(c) einiger Bilder aus dieser Artikelserie: Disney / Euro Disney SCA / Frank Gehry
Literaturauswahl zum Thema:
Dunlop, Beth: Building a dream. The Art of Disney Architecture. New York 1996.
Connaisance des Arts. (Hors Serie) Euro Disney Special Issue. Paris 1992.
Marling, Karal Ann: Designing Disney’s Theme Parks: The architecture of reassurance. Candadian Center for Architecture. Montreal 1997.
Eisner, Michael: Work in Progress. New York 1998.
Lainsbury, Andrew: Once upon an American dream. The Story of Euro Disneyland. Lawrence, Kansas 2000.
Littaye, Alain und Ghez, Didier: Disneyland Paris. From Sketch to Reality. Paris 2002.
McNenly, Linda: Native Performers in the Wild West Shows: From Buffalo Bill to Euro Disney. Oklahoma City 2012.