Warum Iron Man nicht nach Disney World darf und warum Marvel nicht Marvel heißen darf – Die komplizierte Lage der Marvel-Lizenzen in den Disney-Parks

| DisneyMarvelMarvel LandWalt Disney Company

Marvel Superhelden mit Spider-Man, Hulk, Captain America und vielen anderen vor dem Marvel Logo

Heute ist Marvel dank des Marvel Cinematic Universe in aller Munde und ein wichtiges Standbein der Walt Disney Company. Doch dieser große Erfolg wäre beinahe nie zu Stande gekommen, denn lange vor dem erfolgreichen Film Franchise war Marvel Mitte der 90er Jahren nach vielen Rückschlägen beinahe bankrott. Um mehr Geld in die Kassen zu bekommen, wurden damals die Filmrechte vieler Figuren verkauft. Dies ist auch der Grund, warum heute noch Sony die Filmrechte an Spider-Man hat und warum viele Jahre lang die Filmrechte der X-Men und Fantastic Four bei 20th Century Fox lagen.
Dieser damalige Niedergang von Marvel war teilweise auch dem wachsenden Erfolg des direkten Konkurrenten DC Comics geschuldet. 1989 kam Tim Burtons „Batman“ Film in die Kinos und sorgte nochmals für jede Menge Popularität bei DC. Universal Pictures hatte 1990 gerade mit den „Universal Studios Florida“ einen neuen Themenpark eröffnet und wollte auch einen Teil des neuen Erfolgs bei DC für sich beanspruchen, obwohl die Filmrechte von Batman zu dieser Zeit schon bei Time Warner lagen. Geplant war ein neuer Themenpark namens „Gotham Island“ auf Basis von Batman und Gotham City.

Universal baut Marvel Super Hero Island

Spider-Man, Captain America und andere Marvel Helden in Universals Super Hero Island

Doch da DC inzwischen komplett zu Time Warner gehörte und es nach verschiedenen Berichten heftige Streits um die Präsenz einzelner Charaktere in einem potenziellen Themenpark gab, wurde aus diesem Plan nichts. Doch Universal Pictures wollte die Pläne für einen Superhelden-Park nicht zu den Akten legen und wandte sich an die Marvel, die eben genau zu dieser Zeit massive finanzielle Probleme hatten. Zuvor hatte Universal bereits die Filmrechte am Hulk und an Namor gekauft, so dass die beiden Parteien sich nicht unbekannt waren.
Am 22. März 1992 wurde schließlich von Marvel und Universal ein Vertrag geschlossen: MCA – der damalige Mutterkonzern von Universal – wird einen Komplex von Attraktionen, Geschäften und gastronomischen Einrichtungen bauen, die stark um die Marvel-Charaktere herum thematisiert sind. Dieser Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, es sei denn, Universal beschließt, das Gebiet zu schließen oder die Zahlungen für die Nutzung der Figuren einzustellen. Marvel kann den Vertrag nur dann beenden, sofern nachgewiesen werden kann, dass Universal die Nutzung der Charaktere missbraucht. Der neue Themenbereich erhielt den Namen „Marvel Super Hero Island“ und wurde Teil des neuen „Islands of Adventure“ Themenparks in Orlando, Florida. Offizielle Eröffnung des Bereichs war dann am 28. Mai 1999.

Übernahme durch Disney

Mit dem Verkauf einiger Filmrechte und dem Vertrag mit Universal konnte Marvel neue Geldmittel generieren und sich lange genug über Wasser halten, um wieder auf die Beine zu kommen. All dies geschah lange Zeit vor der Übernahme von Marvel durch die Walt Disney Company, die erst Ende 2009 geschah, als das später massiv erfolgreiche Marvel Cinematic Universe mit „Iron Man“ und „Der unglaubliche Hulk“ bereits die ersten Schritte hinter sich gebracht hatte. Doch mit dem Kauf durch Disney hatte Disney auch alle bestehenden Verträge zwischen Marvel und anderen Parteien übernommen: Die Filmrechte vieler Charaktere lagen weiterhin bei Sony, 20th Century Fox und anderen – und auch der Vertrag mit Universal bestand weiterhin.
Die Walt Disney Company war zu dieser Zeit bereits lange der größte Konkurrent im Bereich der Themenparks für Universal und der Kauf von Marvel war natürlich in den Augen von Universal eine Gefahr. Universal erklärte auch sofort, dass die Übernahme keinen Einfluss auf die Lizenzvereinbarung mit Marvel haben würde, und Bob Iger bestätigte, dass Disney weiterhin alle Verträge, die Marvel derzeit mit Disney-Konkurrenten hat, erfüllen würde.

Verträge mit Hindernissen

Der Vertrag zwischen Marvel und Universal war jedoch sehr viel umfangreicher, als manche es zu diesem Zeitpunkt vielleicht gedacht hätten. Universal hatte sich bei der Nutzung der Marvel-Charaktere in Themenparks sehr gut abgesichert und all diese Bedingungen und Vorschriften gelten auch heute noch.
Das Ganze ist zudem auch noch sehr kompliziert, da es auch darum geht, welche Charaktere derzeit bei Universal bei Attraktionen eine Rolle spielen. Im „Marvel Super Hero Island“ Themenbereich in Florida spielen die Avengers, die X-Men, die Fantastic Four und Spider-Man eine Rolle. Letzterer spielt auch im Universal Studios Japan Themenpark innerhalb einer Attraktion eine Rolle.

Diagramm zur Zugehörigkeit der Marvel Superhelden und den Besitzrechten

Im Einflussbereich eines Universal Parks darf laut dem Vertrag Disney in seinen Parks nicht die gleichen Charaktere nutzen, die schon im entsprechenden Universal Park zu sehen sind. Oder einfacher gesagt: Spider-Man darf in Disneyland Tokio keine Rolle spielen und im Walt Disney World Resort dürfen weder die Avengers, noch die X-Men, die Fantastic Four oder Spider-Man eine Rolle spielen. Vor allem in Orlando ist dies für Disney ein großes Problem, denn hier kommt ein weiterer wichtiger Punkt ins Spiel:
In allen Verträgen zwischen Marvel und anderen Parteien sind Charaktere sog. „Familien“ zugeordnet. So gehören Charaktere wie z.B. Tante May, der Green Goblin oder auch Doctor Octopus zur „Familie“ der Spider-Man Charaktere, da diese entweder dort eingeführt wurden oder traditionell dieser Hauptfigur zugeordnet sind. Laut den Verträgen dürfen auch ALLE Charaktere dieser „Familie“ nicht in einem Disney Park nahe des entsprechenden Universal Parks auftauchen. Realisiert man nun, dass auch die Avengers Teil des Universal Parks in Orlando sind, sieht es bei den meisten Helden aus dem Hause Marvel für das Walt Disney World Resort schlecht aus: Iron Man, Thor, Captain America und viele andere der großen bekannten Helden aus dem Marvel Cinematic Universe dürfen keinen Fuß ins Walt Disney World machen! Hingegen dürfen alle Charaktere, die nicht den genannten „Familien“ angehören auch in Walt Disney World zu sehen sein.

Der Mississippi River als magische Grenze

Bei all diesen Regeln spielt der Mississippi River eine große Rolle, denn dieser wurde als Grenze für den Einflussbereich des Universal Parks in Florida in die Verträge aufgenommen. Östlich des Mississippi gelten die oben genannten Regeln, westlich davon darf Disney alle Charaktere aus den Marvel Comics und Filmen auch in den eigenen Themenparks nutzen.
In Japan gilt hingegen ganz Japan als Sperrzone für andere Parks, so dass für das Disneyland in Tokio die gleichen Regeln wie für Walt Disney World gelten, wobei hier aber nur Spider-Man ein Problem darstellt, da nur dieser in den Universal Studios Japan Teil einer Attraktion ist.

Warum Marvel nicht Marvel heißen darf

Avengers Campus mit Spider-Man und Black Panther - Konzeptzeichnung

Allerdings gibt es auch hier noch eine Klausel: Die Charaktere dürfen nur für begrenzte Werbemöglichkeiten genutzt werden. Wie genau dies im Einzelfall aussieht, ist leider nicht bekannt. Zudem darf der Name „Marvel“ nicht als Teil einer Attraktion oder für das Marketing genutzt werden. Diese Klauseln gelten auch weltweit und betreffen somit auch das Disneyland in Paris.
Dies ist auch der Grund, warum die neuen geplanten Themenbereiche rund um die Marvel Helden als „Avengers Campus“ bezeichnet werden. Neben dem Begriff „Marvel“ ist „Avengers“ die bekannteste Marke für Marvel und wenn man einen Namen wie „Marvel Land“ nicht nutzen darf, dann nennt man das Ganze eben „Avengers Campus“.
Doch hier stellt sich nun noch ein weiteres Problem für Walt Disney World. Der Name „Avengers“ darf dort gar nicht genutzt werden, da die Avengers in Orlando Teil einer Universal-Attraktion sind. Was also tun? Orlando wird einen Außenposten der Avengers auf dem Planeten Xandar bekommen, der den Namen „Avengers“ nicht im Titel tragen wird. Dieser Planet war im MCU zuletzt in „Guardians of the Galaxy“ als Heimat des Nova Corps zu sehen. Da dieser Planet durch die Filme bekannt ist und keine der Figuren einer der „Familien“ angehört, die durch Universal gesperrt sind, ist dies die vermutlich beste Option für Disney auch in Orlando eine Art „Marvel Land“ haben zu können.

Auch Universal darf nicht alles

Der Themenbereich von Universal rund um die Marvel Helden ist auch heute noch sehr im Design der 90er Jahre und viele haben bereits spekuliert, dass Universal früher oder später das Design an das Design des beliebten Marvel Cinematic Universe anpassen will und wird. Doch dies ist nicht möglich, da das Design der MCU Helden rechtlich zu Disney gehört und Universal dieses Design nicht nutzen darf.
Hingegen wäre rein theoretisch eine Attraktion mit Iron Man in seinem Comic-Look aber mit der Stimme von Robert Downey Jr. rein rechtlich erlaubt. Hingegen dürfte Disney zwar die Stimme von Robert Downey Jr. nutzen, ihn aber weder als Tony Stark oder Iron Man in Orlando zeigen.
Allgemein darf Universal die Attraktionen in seinen Parks jederzeit einem Update unterziehen, wobei Disney zwar das Recht für ein Veto hätte – allerdings nur, wenn es sich um verständliche Gründe handelt und diese sind in diesem Fall eher rar.

Weitere Probleme in der Zukunft sind garantiert

Durch den Kauf von Fox durch Disney sind dieses Jahr die Filmrechte an den Fantastic Four und an den X-Men wieder an Marvel Studios gefallen und wir werden in wenigen Jahren einen Reboot der beiden Reihen als Teil des MCU sehen. Doch hier tauchen vor allem für Walt Disney World wieder neue Probleme auf: Sowohl die X-Men als auch die Fantastic Four dürfen auch nicht in Wald Disney World zu sehen sein. Ein Problem, dass kaum zu lösen scheint, vor allem, wenn man bedenkt, dass diese beiden Heldenteams bald eine große Rolle in den Filmen spielen werden…

Bildquellen
Headerbild mit Superhelden © Marvel
Grafik zur Zugehörigkeit der Superhelden © The Geek Twins
Superhelden auf Universals Island of Adventures © Universal