Vasile Sirli – Musikalischer Direktor Disneyland Paris – Teil 2 – Cast Member Interviews
17.11.13, 14:00 |
Heute setzen wir unser Interview mit Vasile Sirli fort. Den ersten Teil findet Ihr hier.
Torsten: “Dann sind Sie jetzt also selbst auch nervös, wie das Publikum reagieren wird?
Vasile: “Ja klar, der Druck ist jetzt da, aber das ist normal, damit müssen wir umgehen können, das ist unser Beruf. Wenn man das nicht mag, dann sollte man nicht in dem Bereich arbeiten.
Und wir sind sehr aufmerksam auf die Reaktionen – wir müssen aber auch damit leben können, mit dem Gefühl, falsch zu liegen. Damit muss man umgehen können, man sollte sich aber auch klar darüber sein: es kann passieren, dass man falsch gelegen hat, aber das ist dann keine Tragödie. Man muss dann nur bereit sein, die Fehler zu korrigieren. Man darf keine Angst davor haben – das heißt natürlich nicht, dass ich es mag, wenn ich falsch gelegen habe, mit dem, was ich entwickeln wollte, nein nein, aber wenn ich Angst hätte, könnte ich es gar nicht erst versuchen. Also, man muss es versuchen und wird danach sehen, ob es funktioniert! Das ist das Geheimnis der Kreativität und der Innovation: Man muss damit anfangen!
Wir reden über Gefühle, über wunderschöne, positive Gefühle, wir versuchen Freude zu vermitteln. Und das müssen wir versuchen und dann sehen, was passiert, ob es uns gelingt, diese Stimmungen und Gefühle zu wecken, wie wir uns das vorgestellt haben.
Da alles so umfangreich ist was wir machen, müssen wir uns bei all der Kreativität selbst Grenzen auferlegen, um uns auf unsere Ziele konzentrieren zu können und ich fahre gut damit, wenn ich mir Grenzen auferlege für das, was ich im Moment zu tun habe.
Das ist wie bei professionellen Musikern im klassischen Bereich auch, man muss bestimmten Regeln folgen, wenn man eine Sonate oder ein Konzert komponiert, und das müssen wir auch für einen Song oder auch nur einen Jingle von 5 Sekunden oder bei einer Symphonie von einer Stunde, damit es uns gelingen kann, das zu erzeugen, was wir uns vorgenommen haben.
Das macht keinen Unterschied bei welcher Art der Musik, ob klassische Musik oder moderne Musik, es ist die gleiche Sache.”
Geht auch an einem Künstler wie Vasile Sirli nicht vorbei: Das Leid eines jedes Disney Fans
Torsten: “Wie ist das dann, wenn man Musik für Disney macht? Man hört oft von Menschen, die eher in die Oper gehen oder sonst der klassischen Musik zugewandt sind gehen und das für anspruchsvoller halten, „geh doch nicht zu Disney“ etc.
Vasile: “Oh ja.”
Torsten: “Aber wie ist das heute im Kreis Ihrer Kollegen, wird es als ernsthafte Musik akzeptiert, was Sie tun? Man hat immer wieder gehört, dass das in den ersten Jahren schwer war, dafür als „ernstzunehmender“ Musiker akzeptiert zu werden.
Vasile: “Als ich angefangen habe für Disney zu arbeiten, sahen es einige der Leute die mich in Rumänien kannten – ich hatte ja eine musikalische Vergangenheit in Rumänien, wo ich als Komponist und Produzent gearbeitet habe – als normal an, dass ich einen neuen Schritt gegangen bin, um mich weiter zu entwickeln, um in einem anderen Stil zu arbeiten, um die Freude zu haben etwas Neues zu machen, einfach aus Spaß an meinem Beruf. Einige andere rümpften eher die Nase, dass ich gewechselt bin.
Was immer interessant war: die Menschen, die aus der klassischen Musik kamen, sagten, ich sei ein klassischer Komponist, Rockmusiker sagten, ich sei ein Rockmusiker, die Jazz-Musiker sagten, ich mache Jazz, die Leute vom Theater sagten, ich sei ein Theaterkomponist und die Film-Leute sagten, ich sei ein Filmkomponist.
Aber ich selbst war immer froh, in den vielen verschiedenen musikalischen Stilen angenommen zu werden.
Als ich zu Disney kam, wurde es absolut normal, an einem Tag zwischen Tschaikowski, Beethoven und all den anderen Klassikern zu den wundervollen Kompositionen von Alan Menken und den großartigen Werken von Elton John und Phil Collins zu wechseln.
Die Qualität ist gegeben, es ist die gleiche musikalische Qualität bei Disney wie in der klassischen Musik, ein gleich hohes musikalisches Niveau.
Ich habe immer ein nur aus 3 Noten bestehendes Thema wie bei Beethoven „babababaam“ zu schätzen gewusst, aber der musikalische Wert ist bei, zum Beispiel Lion King, derselbe, wie bei Beethoven. Wichtig ist der Eindruck den Etwas hinterlässt, es muss eine Melodie haben, die die Menschen beeindruckt.
Und zu den Menschen, die behauptet haben, es sei ein geringer wertiger Weg, sich mit Musik auf diese Weise auszudrücken, habe ich gesagt :“Und selbst wenn, warum nicht? Wo ist das Problem? Macht Euch keine Sorgen, Schritt für Schritt, werdet ihr auch hierherkommen. Nach einigen traurigen Momenten und schweren Zeiten im Leben, werdet Ihr auch irgendwann einmal in einen Disney-Park kommen, weil jeder das brauchen kann, weil jeder Mensch so etwas braucht.“”
Jeder braucht ein bisschen Magie im Leben
Torsten: “Jeder braucht etwas Magie im Leben?
Vasile: “Ja, genau das ist es.
Ich habe aber zu niemandem gesagt:“Du liegst falsch“, ich habe gesagt: „das ist Deine Meinung, behalte sie, wenn Du Dich auf dieses Glück nicht einlassen möchtest, das ist nicht mein Problem, es ist Dein Problem.“
Und am Anfang haben einige gesagt, Disney sei schrecklich, aber ich habe sie gebeten, einmal hier her zu kommen, mich hier zu besuchen, wenn sie wollten, damit ich ihnen hier alles vorstelle. Nicht einfach nur die Gebäude, die Gestaltung, sondern die Menschen, was hier passiert, wer hier arbeitet, wer hinter alldem steckt und glauben Sie mir, ich habe Freunde, die ein sehr hohes intellektuelles Niveau haben und die jetzt, nachdem sie alles kennengelernt haben, große Disney-Fans sind, weil sie verstanden haben, das Snow White und Cinderella Ausdruck dauerhaft gültiger philosophischer Grundlagen sind, Ausdruck europäischer, humanistischer Kultur; Bestandteil der westlichen Kultur. Diese Werte werden in der Geschichte der Menschheit immer bestehen bleiben.
Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich Künstler höre, die sagen, „ich mag dies nicht, ich mag jenes nicht“ und dann frage ich sie und auch mich selbst, warum sie sich selbst so beschränken in ihrer eigenen Weltsicht, warum sie nicht neugierig sind, warum Menschen in Disney Parks gehen, warum andere Menschen Bücher lesen, Fernsehen schauen oder Sportveranstaltungen besuchen. Der Grund ist einfach: die Menschen brauchen das alles! Vielleicht ist es einfach natürlich, offen zu sein, für alle verschiedenen Ausdrucksformen.
Ich fühle mich sehr gut dabei, bei Disney zu sein. Ich versuche in künstlerischer Hinsicht selbst aber auch immer so vielfältig wie möglich zu sein, von einem Stil zu einem anderen zu wechseln. Und deshalb bin ich sehr froh für Disney zu arbeiten, und sehr glücklich darüber, dass man mir hier Vertrauen schenkt.
Und hier kann ich alle diese verschiedenen Stile ausleben, klassische Musik, Rockmusik, es ist alles hier. Es basiert natürlich alles auf dem jeweiligen Konzept und ich möchte den jeweiligen Show Director nicht dazu drängen, dies oder jenes zu tun, wenn er oder sie das in seinem oder ihrem Konzept nicht möchte, wenn ich an einem Projekt arbeite, dann konzentriere ich mich zu 100% auf dieses Projekt, aber hier gibt es so viele Stile, wie zum Beispiel Rockmusik zu Feuerwerk oder Jazz-Konzepte in den Parks, und es ist mir eine Freude, zu all dem beizutragen.”
Vasile Sirlis Arbeit am deutschen Theater für Florian Illies “1913”
Torsten: “Zu der Vielfalt, die Sie so mögen passt dann auch noch eine Frage, die ich insbesondere stellen möchte, weil wir eine deutschen Fan-Seite sind und das viele deutsche Fans Ihrer Arbeit interessieren könnte:
Abseits Ihrer Arbeit an Disney-Kompositionen haben Sie gerade die Musik für ein Theaterstück komponiert und arrangiert, das gerade kürzlich im Theater Oberhausen Premiere feierte. Das Stück basiert auf dem Buch 1913 von Florian Illies. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, an einem Werk, dass sich so von Disney unterscheidet?
Vasile: “Nun, es ist gar nicht einmal ein so großer Unterschied zu Disney. In beiden Fällen sprechen wir über Musik und das Erzählen von Geschichten, über Sprache als Ausdrucksform.
Es war mir eine Freude, als der Produzent bzw. der Regisseur des Stückes mich bat, für dieses Prosa-Werk die Musik zu schreiben. Und ich liebe es für Sprachen zu schreiben, die ich selbst nicht wirklich kenne, die mir aber kulturell nahe stehen. Ich komme aus einem Dorf in Rumänien, das halb serbisch und halb deutsch bevölkert war, von einem wundervollen Ort – wir sollten uns bei nächster Gelegenheit einmal darüber unterhalten – deshalb stehe ich der deutschen Kultur sehr nahe, weil viele meiner Lehrer, meiner Bekannten deutscher Abstammung waren und ich auch Deutsche in der Familie habe. Es war nicht so unterschiedlich zu Disney, für dieses Theaterstück Musik zu schreiben, denn es gab die gleiche Notwendigkeit, es einfach so gut zu machen, wie ich es nur konnte und eine hohe Qualität zu erzielen, wie auch bei Disney.
Und es war einen gute Gelegenheit, wieder offen für etwas Neues zu sein, und es war spannend für Schauspieler, nicht Sänger, zu schreiben, die in einem Schauspiel und nicht in einem Musical auftreten. Und diese Schauspieler gaben eine absolut außergewöhnliche Energie an mich weiter. Das ganze Team vom Theater in Oberhausen ist übrigens hervorragend und so war es mir eine Freude, das zu tun. Vielleicht können wir uns ja bald einmal die Musik zusammen anhören, die Lieder und die Instrumental-Stücke, aber glauben Sie mir, es war eine wundervolle Erfahrung mit diesem Theater zu arbeiten.”
Torsten: “Vielen Dank, Vasile, für dieses Interview!
Vasile: “Es war mir eine Freude und ich hoffe, wir können das bald einmal fortsetzen!”