Energy, you make the world go 'round!

Universe of Energy – oder wie Disney versuchte, die Energiewende herbeizuführen

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Schild am Eingang zum ehemaligen Universe of Energy in Epcot
Hintergründe zur ehemaligen Attraktion Universe of Energy in Epcot (©RetroWDW)

Das Thema Energie ist momentan aktueller und interessanter denn je. Dabei gab es in EPCOT schon vor vielen Jahren die perfekte Attraktion, um zum Experten auf dem Gebiet werden zu können. Doch leider, sie ist nicht mehr. Die Guardians of the Galaxy haben sich dort breit gemacht, wo bis August 2017 noch vollumfänglich über Stromerzeugung und Kraftstoff für Automobile referiert wurde – und Dinos gucken war auch inbegriffen! Also sollten wir die Geschichte des Universe of Energy für alle Zeit im Internet fixieren.

Das Universe of Energy – Eine bewegte Geschichte

Als ich 2016 das erste Mal durch die Future World von EPCOT streifte, sah ich in einiger Entfernung das massive Gebäude von Universe of Energy. Ich wurde bereits gewarnt, dass es sich um eine der wohl langweiligsten Attraktionen in diesem Bereich handelte, doch erfreute mich der Anblick von lauter Solarpaneelen auf dessen Dach. Klar, Disney wollte in Future World vor allem Zukunftstechnologien zeigen, und bei dem Thema Energie passt Solarstrom einfach. Noch erstaunlicher: Diese Solaranlage gibt es bereits seit Eröffnung des Parks in 1982! So futuristisch ist Sonnenenergie also gar nicht. 

Blick auf den ehemaligen Universe of Energy Pavillon in Epcot aus der Vogelperspektive
Der ehemalige Universe of Energy Pavillon in Epcot (©Parklore.com)

Doch woher kam eigentlich die Warnung vor einem Ride, der mit 45 Minuten zu den längsten in ganz Disney World zählt, und die Aussage, dass er sich maximal für ein gemütliches Nickerchen während der stärksten Mittagshitze eignet? Was dazu führte und warum dieser freundlich gemeinte Hinweis unter Besuchern und Fans schlussendlich zur Schließung von Universe of Energy führte, vollziehen wir gemeinsam nach.

Vom Magic Skyway zum Universe of Energy

Wie bei fast allen EPCOT-Geschichten beginnt auch diese wieder zur Zeit der Weltausstellung 1964/-65 in New York. Die „Flushing Meadows“ empfangen Abermillionen von Gästen, die staunend die innovativen und teils exzentrischen Pavillons bewundern. Disney hat für drei Firmen und den Staat Illinois Pavillons erschaffen. Darunter unter anderem den „Magic Skyway“ von Ford. Hier ging es um eine Zeitreise von der Zeit der Dinosaurier und den Anfängen der Menschheit bis hin zu einer Stadt der Zukunft, welche die Vision von „E.P.C.O.T.“ beeinflusste.

Eingang zum Ford's Magic Skyway auf der Weltausstellung 1964-65
Eingang zum Ford’s Magic Skyway (©Disney)

Später, als aus der Idee von E.P.C.O.T. der zweite Themenpark „EPCOT Center“ wurde, planten die Imagineere von „WED Enterprises“ (heute: „WDI – Walt Disney Imagineering“) ihn als permanente Weltausstellung. In Future World sollten in den Unterbereichen „Kommunikation“, „Vorstellungskraft“, „Unterwasserwelten“, „Landwirtschaft & Botanik“, „Gesundheit & Anatomie“, „Mobilität“ und „Energie“ stetig aktualisierte Pavillons über diese Wissensgebiete unterhaltend informieren. Quasi Bildung mit Spaß und Spiel, statt Frontalunterricht. Dabei wurde dem alten Magic Skyway eine besondere Rolle als Muse für diverse Attraktionen wie World of Motion und dem hier zu besprechenden Universe of Energy zuteil.

Ford's Magic Skyway – Ausblick auf Dinosaurier-Animatronics
Ford’s Magic Skyway – Ausblick auf Dinosaurier-Animatronics (©Disney)

Der Sponsor hat immer das letzte Wort

Wie es sich für eine Weltausstellung – bzw. eine Hommage daran – gehörte, sollten die Pavillons von Firmen gesponsert werden. Dabei standen die groben Konzepte bereits, und wurden unterschiedlichen Unternehmen vorgestellt.

Für den Energie-Pavillon dachten die Imagineere vornehmlich an zukunftsträchtige Technologien wie Solar-Energie. Daher versetzte man den Pavillon – im Gegensatz zu vielen anderen – niemals an einen anderen Ort innerhalb des Areals. Denn man hatte das Dach, wie vorab beschlossen, mit einer Photovoltaik-Anlage gebaut. Daher musste das Gebäude optimal am Lauf der Sonne ausgerichtet werden, um die maximal mögliche Strom-Ausbeute zu generieren.

Eigentlich sollte auch die Attraktion im Inneren vor allem die innovativen erneuerbaren Energien behandeln, ganz im Sinne einer permanenten Weltausstellung. Mit einem riesigen Sonnenkollektor in der Mitte des Pavillons – richtig gelesen, die Mitte des Pavillons wäre nicht überdacht, damit der Kollektor Sonnenstrahlen aufnehmen konnte – und einem schienenfreien Fahrgeschäft drumherum, wollten die Imagineers den Gästen alles über diese damals noch neuartige Form der Energiegewinnung erzählen.

Sonnenkollektor in Universe of Energy – Konzeptzeichnung
Sonnenkollektor in Universe of Energy – Konzeptzeichnung (©Disney)

Exxon als Sponsor des Pavillons

Doch kam es anders, als sich im Jahre 1978 der Energiekonzern „Exxon“ (heute „Exxon-Mobil“) für zehn Jahre ab Eröffnung des Parks als Sponsor verpflichtete. Denn Exxon ist bekannterweise eine Firma, die vor allem mit Öl und anderen fossilen Energieträgern Geschäfte macht. Daher passte es ihnen gar nicht ins Konzept, wenn man ihr Kernthema dabei völlig außer Acht ließe. Denn Exxon dachte und denkt gar nicht daran, von Öl und ähnlichem die Finger zu lassen.

Universe of Energy – Eingang mit Sponsor
Universe of Energy – Eingang mit Sponsor (©RetroWDW)

Daher musste Disney einlenken und die Informationspalette auf alle Energielieferanten ausweiten, wobei dann der Schwerpunkt dann auf der Ölgewinnung lag. Also setzten sich die Kreativen wieder ans Reißbrett und zogen Inspiration aus der eigenen Firmenvergangenheit. Denn sie konnten sich bei der Erstellung eines Teils der Universe of Energy-Attraktion auf Ford’s Magic Skyway rückbesinnen. Sie nahmen einfach den Dino-Bereich aus jenem Ride und setzten ihn mit kleinen Anpassungen an den Beginn des neuen Fahrgeschäfts. Dieses Mal mit einem weiteren Fokus auf ausbrechende Vulkane und Teer-Gruben, die zur Entstehung der fossilen Energien beigetragen haben.

Energie ist ein massives Thema

Universe of Energy und der Rest von Epcot im Bau
Universe of Energy und der Rest von Epcot im Bau (©Disney)

Der Bau von Universe of Energy begann 1979. Mit fast einem Hektar Grundfläche nur für diese eine Attraktion war sie eine der größten in EPCOT Center. Ganze 2.156 Solarpaneele zieren noch heute das Dach dieses architektonischen Kaventsmanns. Sie generieren 77 kW Strom, mit der sich eine dreiköpfige Familie schon ganz gut ein Jahr lang versorgen könnte. Doch bei dieser Attraktion reichte es gerade einmal aus, um die Fahranlage der Waggons zu unterhalten. Dennoch ist allein schon das ziemlich beeindruckend.

Autos auf einer Straße, im Hintergrund ist ein Auto zu sehen, auf dem eine Animatronic-Figur eines Dinos angebracht ist
Dino-Animatronic auf großer Fahrt (©Disney)

Die Technik hinter dem Universe of Energy

Der Pavillon gehörte zu den Eröffnungsangeboten, als am 01. Oktober 1982 laut Disney das 21. Jahrhundert begann. Die Gäste strömten unablässig in das ungewöhnlich geformte Gebäude, um sich über die Entstehung unserer am häufigsten genutzten und den zukünftig wichtiger werdenden  Energieformen zu informieren. Wir laufen mit und schlüpfen schnell noch zwischen sich schließenden Türen hinein. Schon stehen wir im Preshow-Raum, wo eine sonderbare Leinwand dominiert. Das „kinetische Mosaik“ besteht aus 4 x 25 angeordneten Prismen. Von diesen sind zwei der drei Seiten mit weißer Leinwand bezogen und die Dritte ist komplett schwarz. Diese Prismen können von einem Computer aus gedreht werden, sodass ein 3D-Effekt entsteht.

Kinetisches Mosaik Leinwand aus Prismen Konzeptzeichnung
„Kinetisches Mosaik“ – Leinwand aus Prismen – Konzeptzeichnung (©Disney)

Die Technik des kinetischen Mosaiks wurde von dem tschechischen Filmemacher Emil Radok erfunden, und konnte wegen seiner komplexen Verhaltensmuster erst 1984 in Betrieb genommen werden. Dann allerdings richtig, sodass laut diverser Berichte (siehe Quellenliste unten bei „Re-Imagineering“) Besuchern wie auch Cast Membern der Mund offen stand und jedes zuvor heiter geführtes Gespräch abrupt verstummte. Dank der Digitalisierung alter Urlaubsvideos kommen wir auch heute noch in den Genuss dieser Pre-Show, welche der Hauptshow fast den Rang abläuft. Der gezeigte Film schließt übrigens mit dem EPCOT-Fans wohlbekannten Lied „Energy, you make the world go ’round“:

Ein besonderes Fahrtsystem

Hiernach werden die Gäste ins Theater I geleitet, um in den Ride Vehicles Platz zu nehmen. Wobei es zuerst nicht ersichtlich ist, dass es sich um Gefährte handelt, denn die Wagen wurden so angeordnet, dass sie wie typische Theater-Sitzreihen aussahen. Erst als sie sich nach dem ersten langen Film zum Thema Energie-Entstehung in Bewegung setzen, um das Dinosaurier-Diorama und das Theater II zu durchfahren, gaben sie ihr Tarnung auf und erstaunten damit die bis zu 294 Besucher, welche insgesamt in alle sechs Waggons passten.

Schematische Darstellung der Ride Vehicles für Universe of Energy
Schematische Darstellung der Ride Vehicles (©Disney)

Nur ein im Boden verlegter Draht hielt die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge auf Spur. Keine Schienen, nur „unsichtbare Hände“, welche die sechs Wagen nacheinander durch die vorzeitlichen Dioramen zogen. Auch die Dino-Welt zerfiel in zwei unterschiedliche Teile, wobei wir ca. 300 Millionen Jahre vom Karbon- über das Jura- bis zum Kreidezeitalter in nur sieben Minuten durchfahren. Mehr als 250 künstliche Bäume, Felslandschaften und mehrere hundert Palmen (zusätzlich) erwecken die frühen Erdzeitalter zum Leben.

In einem Land vor unserer Zeit

Die Fahrt beginnt ganz früh am Morgen, noch vor Sonnenaufgang, und die Sterne funkeln am Himmel. Ganz langsam wandelt sich die Farbe vom dunklen nachtblau zu orange-rot und dann zu hellblau. Der beginnende Tag empfängt uns und die aufwachenden Dinosaurier. Wir sehen überdimensionierte Schnecken, Tausendfüßler und Libellen gleich am Anfang unserer Reise. Zwei Edaphosaurier gesellen sich hinzu sowie eine Herde Brontosaurier, die in einem echten Teich auf künstlichen Schlingpflanzen herumkauen. Ihnen gegenüber planschen drei Trachodons bei einem Wasserfall. Manche von ihnen bemerken uns und schauen neugierig, welche Art merkwürdiger Echsen da wohl ankämen. Andere interessieren sich nicht die Bohne für uns.

Zum Beispiel der Allosaurus, welcher mit einem Stegosaurus auf einer felsigen Anhöhe kämpft. Währenddessen zieht ein Gewitter auf. Zunächst frischt der Wind auf, der sich noch in einen wahren Sturm weiterentwickelt, Regen setzt ein und benetzt die Brontosaurier im Pool. Blitze flammen am Himmel auf, danach gellt Donner durch die Halle. Kurz bevor auch wir vom Gewitter erwischt werden, öffnet sich das zweite Abteil des Dioramas und wir entkommen dem Unwetter.

Zwei Animatronics eines Stegosaurus und eines Allosaurus kämpfen im Universe of Energy gegeneinander
Allosaurus vs. Stegosaurus (©RetroWDW)

Dort sehen wir das Ende der Saurier-Zeit. Verschiedene Formen von Flugsauriern begleiten uns zu Luft oder kauernd an Land im Vordergrund eines ausbrechenden Vulkans. Eine Gruppe Ornithomimidae hilflos dabei zusehen müssen, wie einer der ihren in einer Teergrube versinkt. Bevor wir das Diorama ganz verlassen, streckt noch ein Elasmosaurus seinen gewaltigen Kopf aus dem Meer, um uns zu verabschieden.

Von den Dinosauriern hin zur Energie

Danach geht es in Theater II weiter. Es erwartet uns noch ein weiterer, längerer Film, der uns über die Gewinnung von Energie aus Ölreserven und Erdgasvorkommen aufklären. Erneuerbare Energien werden auch hier nur am Rande gestreift, aber zumindest werden sie erwähnt. Dennoch gelten sie nach Exxons Sicht immer noch als „Zukunftsmusik“, also quasi Sciencefiction.

Hiernach gelangen wir zurück ins Theater I, in dem wir die Show begannen und nun beenden. Das große Finale steht an – mit dem leicht ins Ohr gehende und verbleibende Song „Universe of Energy (Here we go!)“. Dazu läuft ein Musikvideo aus Computergrafik, welche die typische neonbunte, laserähnliche Linienkunst darstellt. Die Besonderheit hieran ist, dass an den Seiten des Theaters zuvor verborgene Spiegel enthüllt wurden, wodurch das gezeigte Video sich unendlich mal repliziert. Mit diesem aufmunternden Schluss werden wir aus der Attraktion entlassen.

Ausstellung rund ums Thema Energie in der Communicore East

Blick in die Halle von Communicore East
Communicore East (©Walt Dated World)

Nach Verlassen der Attraktion konnten die Gäste einem gut ausgeschilderten Weg zur passenden interaktiven Ausstellung zum Thema Energie in „Communicore East“ folgen. Allein dort, auf ungefähr 1.300 Quadratmetern, konnten sich geneigte Besucher über die unterschiedlichen Energieformen wie Solar und Wind, Kohle- und Kernkraft sowie Ölförderung und ähnlichem informieren. Das Exponat für Kernkraft zeigte ein Atomkraftwerk und einen Strahlungsmesser, den man selbst ausprobieren konnte. Nebenan wurde währenddessen aus einer Ölplattform das „schwarze Gold“ gefördert – rein exemplarisch, unter EPCOT Centers Boden gab es keine Ölreserven. Auch ein Sonnenkollektor, ein Windrad sowie ein Wasserkraftwerk wurden mit eigenen Ausstellungssektionen bedacht. An einer Fahrradstation konnten Gäste einmal ausprobieren, wie viel Energie sie mit eigener Körperkraft erzeugen.

Blaues Banner mit der Aufschrift Energy Exchange hängt von der Decke eines Gebäudes
Energy Exchange – Communicore East (©Rob Yeo Design, https://robyeodesign.squarespace.com/)

Als eine der Eröffnungsattraktionen von EPCOT Center avancierte Universe of Energy zu einem Publikumsmagneten, und zwar nicht nur, um sich 45 Minuten der sengenden Hitze zu entziehen. Das Interesse an Energie war hoch und vor allem die Aussicht auf eine kurzweilige Dino-Show zogen die Menschen an. Allerdings währte das Glück nicht lange, denn nachdem mit „Horizons“ (1983), „The Living Seas“ (1986) und „Wonders of Live“ (1989) drei wirklich hochkarätige Pavillons eröffneten, sackten die Besucherzahlen von Universe of Energy drastisch ab.

EPCOT überholt sich, und IPs rollen an

Ganz EPCOT Center wurde in den 1990ern zu einem popkulturellen Scherz, wo Eltern ihren Kindern damit drohten, sollten sie nicht brav sein, müssten sie einen Tag in EPCOT Center verbringen. Außerdem liefen die Sponsoren-Verträge aus und Disney bemühte sich redlich um eine Verlängerung. Allerdings waren die exorbitanten Kosten für einen Umbau und eine Modernisierung der Attraktionen für viele der Unternehmen nicht machbar, sodass sie die Verträge kündigten. Dabei gerieten über Kurz oder Lang diverse Rides unter die Räder wie Horizons oder Wonders of Life. World of Motion, Journey of Imagination und The Living Seas wurden nach und nach umgebaut oder umthematisiert. Aus „Kitchen Kabaret“ in The Land wurde „Food Rocks“ und später dann Soarin’.

Mickey Mouse winkt, neben ihm steht der frühere Disney CEO Michael Eisner und lächelt
Michael Eisner und Mickey Mouse (©Disney)

Ellen DeGeneres und das Universe of Energy

Für Universe of Energy gab es auch eine zweite Chance, denn es wurde 1996 zu Ellen’s Energy Adventure. In dem Jahr hatte Disney den Fernsehsender ABC gekauft und mit „Ellen“, eine Sitcom von und mit Stand-Up-Comedienne Ellen DeGeneres, einen absoluten Hit gelandet. Daher folgerte Michael Eisner, der damalige Geschäftsführer von Disney, dass es eine gute Idee sei, mit etwas Witz und Selbstironie die trockene Thematik aufzulockern. Ellen bot sich aus Eisners Sicht daher als ideale Protagonistin an. Das nun in ExxonMobil umbenannte Unternehmen erklärte sich mit den Veränderungen einverstanden, verlängerte ebenfalls das Sponsoring und übernahm einen Teil der Modernisierungs-Kosten.

Also wurde am 20. Januar das Fahrgeschäft geschlossen und die Umbauten begannen. Geplant war eine Wiedereröffnung im Juni des gleichen Jahres, doch Probleme beim Dreh und Schnitt der neuen Filme zogen die Renovierungsphase in die Länge. Dummerweise waren auch schon World of Motion geschlossen und Horizons wurde nur noch saisonal geöffnet, da auch hier bereits am Umbau zu Mission: SPACE gewerkelt wurde. Damit war die Westseite von EPCOT mit nur noch zwei laufenden Attraktionen sehr dünn besiedelt und es hätte zu einer Überlastung auf der Ostseite, bzw. im World Showcase, geführt, sodass sich Disney dazu durchrang, Ellen’s Energy Adventure halbfertig zu eröffnen, und ein paar Anpassungen vorzunehmen, damit es nicht nach halbfertig aussah.

Schild für die Attraktion Ellens Energy Adventure in Epcot
Ellen’s Energy Adventure – Schild (©Disney)

Die alten Filme wurden weiterverwendet, jedoch war bereits das extrem wartungsintensive Projektionsmosaik abgenommen und durch standardisierte, flache Leinwände ersetzt. Dadurch fehlte natürlich der Wow-Effekt der Pre-Show gänzlich. Ein gerade erst installierter Ellen-Animatronic wurde kurzerhand hinter Felsen versteckt, sodass der davor platzierte Dino eine Felswand anbrüllt, was unfreiwillige Komik erzeugte.

Ellen übernimmt das Ruder

Nach der Hochsaison wurde das ehemalige Universe of Energy direkt wieder geschlossen und die Arbeiten fortgesetzt. Nach insgesamt acht Monaten wurde dann Ellen’s Energy Adventure offiziell am 15.09.1996 wieder eröffnet und bereits am Eingang wurde darauf hingewiesen, dass die Fahrtzeit 45 Minuten beträgt und keinerlei Pinkelpause möglich sei, auch nicht im Wartebereich.

Ellen's Energy Adventure – Eingang mit Countdown
Ellen’s Energy Adventure – Eingang mit Countdown (©BlogMickey)

Die Pre-Show

Die PreShow bestand nun aus einer Filmsequenz, in der wir nach einem typischen Stand-Up-Monolog Ellens in ihr Apartment transportiert werden und uns mit ihr ihre Lieblingsshow „Jeopardy“ anschauen. Ellens Nachbar Bill Nye „The Science Guy“, bekannt aus der gleichnamigen Sendung von PBS, einem nichtkommerziellen Sendernetzwerk aus allen nichtkommerziellen Lokalsendern der USA, betritt die Wohnung, um sich etwas zu borgen. Er setzt sich kurz zu ihr, und beide schauen die Sendung. Dort taucht Ellens ehemalige Kommilitonin und Mitbewohnerin, Judy, auf, welche einen Doktortitel im Fachgebiet Energiegewinnung erworben hat. Judy wird von Jamie Lee Curtis gemimt. Ellen regt sich über „Stupid Judy“ und „Stupid Energy“ auf, bevor sie sich ein „Nickerchen für 100“ gönnt.

Los geht Ellens Abenteuer!

Daraufhin beginnt die aus Film und Fernsehen bekannte Traumsequenz. In diesem Traum nun tritt Ellen gegen Judy und Albert Einstein in Jeopardy an. Alle Fragen drehen sich dabei um die verschiedenen Energie-Arten. Ellen muss gegen die Expertin abstinken und so herrscht nach kurzer Zeit ein Punktstand von 17.800 zu Null. Ellen besinnt sich und sagt trotzig, es sei ihr Traum und sie wolle nun Judy schlagen. Kaum ausgesprochen, taucht Bill Nye wieder auf und nimmt sie auf eine Exkursion mit, damit sie alles, aber auch wirklich alles über Energie erfährt. Jetzt geht es weiter zum ersten Theater und den rollenden Theater-Sitzen.

Der nächste Film startet mit dem Beginn des Universums selbst und bringt uns danach direkt in ein Land vor unserer Zeit. Wir werden auf die Fahrt durch das Dino-Diorama vorbereitet und dann geht es nach fünf Minuten endlich los. Das Diorama hat sich per sehr wenig verändert, lediglich das Farbschema der Dinos wurde auf den neuesten Stand gebracht: Die Paläontologie war sich Stand 1996 einig, dass Dinosaurier nicht in gedeckten Grün- bis Brauntönen gefärbt waren, sondern aufgrund ihrer Vormachtstellung im Artenreich in einer Vielzahl leuchtender Farben vom gesamten Regenbogen daherkamen. Außerdem wurde die Szene mit dem Elasmosaurus um den oben erwähnten Ellen-Animatronic ergänzt und es sieht aus, als würde sie versuchen, den Saurier mit einem Ast abzuwehren.

Ellen und die Zukunftsenergien

Im zweiten Theater erwartet die Besucher nun drei große Leinwände, von denen zwei in den ersten ca. drei Minuten verdeckt bleiben. Ellen DeGeneres und Bill Nye hüpfen vom Zeitalter der Dinos zu den ersten Menschen und dann im Schnelldurchlauf in die heutige Zeit. Die beiden versteckten Leinwände öffnen sich und dann geht es um die verschiedenen Arten von „Zukunftsenergien“, über die sich – ganz im Sinne ExxonMobils – auch noch lustig gemacht wird. Der Fokus liegt wieder einmal bei ExxonMobils Steckenpferd, den fossilen Brennstoffen.

Foto von Jamie Lee Curtis, Alex Trebek und Ellen de Generes
Ellen, Judy aka Jamie Lee Curtis und Alex Trebek, der Jeopardy-Moderator (©Disney)

Dann geht es zurück ins Theater I, um die End- bzw. Startposition der Wagen einzunehmen und den letzten Film zu schauen. Es geht zurück zum Traum-Jeopardy, in dem Ellen nun, unterrichtet von Bill Nye, eine Aufholjagd gegen Judy aufnimmt. Bei der Final-Frage ist der Punktestand ausgeglichen 17.800 zu 17.800. Mit ihrer Antwort auf die Frage „What is brain power?“ („This is the one source of power that will never run out.“) gewinnt Ellen, denn Judy ist der Meinung, so eine Energie gebe es gar nicht. Dann ist die Show zu Ende – und eine Dreiviertelstunde ebenfalls.

Ihr könnt Euch hier ein Video von „Ellen’s Energy Adventure“ anschauen. Seid Euch jedoch gewahr, dass dieses Video mit 32:57 Minuten zu Buche schlägt:

Auch IPs werden mal alt und kommen aus der Mode

Auch wenn diese Modernisierung dem alten Universum der Energie noch einmal für eine Zeitlang neues Leben eingehaucht hatte, nahm die Attraktivität nach ein paar Jahren wieder ab. Die beiden Schauspieler wurden älter und auch wenn sie immer noch über eine gewisse Popularität verfügten, so wurde allein schon an den Filmaufnahmen ersichtlich, dass die Attraktion nicht mehr die Jüngste war. Es ist eben etwas Anderes, einen Animatronic-only Ride auf dem aktuellen Stand zu halten als einen mit viel Film oder gar Hologrammen, auf denen reale Menschen projiziert werden.

Weshalb scheiterte Ellen’s Energy Adventure?

Deshalb kann ein Pirates of the Carribean noch ziemlich lange durchhalten, ein Ellen’s Energy Adventure eben nicht. Weiterhin sind auch die Sponsoren-Firmen immer eine Gefahr. ExxonMobil hatte in seiner Zeit als Sponsor der Attraktion auch so einige Ölpest-Skandale an der Backe, die auch EPCOT-Gäste davon abgehalten habe könnten, den Pavillon überhaupt zu betreten. Zumal die Zeit der fossilen Energieträger nach und nach schwindet, und wir mehr und mehr erkennen, wie unglaublich schädlich sie sind. Wer möchte dann noch davon hören, wie erneuerbare Energien lächerlich gemacht und stattdessen Kohle, Gas oder Öl über den grünen Klee lobhudelt wird.

Ich denke auch, dass die unglaubliche Fahrtlänge von 45 Minuten ein Übriges tat, um dem Ride schließlich den Garaus zu machen. Unsere Welt wird gefühlt schneller und schneller, wir packen so viel mehr Erlebnis in einen 24-Stunden-Tag, abzüglich Schlafenszeit, wie nie zuvor. Tik-Toks, die maximal 20 Sekunden lang sind sowie Social Media mit seiner Endlosschleife immer neuer und gleich lautender Nachrichten sind hierbei nur eine von mannigfaltigen Symptomen. Die „Fomo“ (Fear of Missing out), die um sich greift und uns dazu verführt, nur noch mehr in noch weniger Zeit zu konsumieren. Wie soll das mit einer Attraktion, die den Besuchern fast eine Stunde Lebenszeit abverlangt, zusammen gehen? Eben, gar nicht.

Daher wurde Ellen’s Energy Adventure wie zuvor Universe of Energy das fürchterliche Schicksal zuteil, schlecht besucht zu sein und meistens für ein kurzes Nickerchen nach einem anstrengenden Vormittag in Floridas heißer Sommersonne genutzt zu werden. Ebenso nahmen die Investitionen in Wartung und Reparatur ab, weswegen der Ride des Öfteren kaputt ging und evakuiert werden musste.

Star Lord und seine Crew beschützen nun Xandars Erden-Repräsentanz

Am 15. Juli 2017 wurde bekannt gegeben, dass der Universe-Pavillon für einen massiven Umbau geschlossen würde. Er sollte zum 50. Jubiläum Walt Disney Worlds als Guardians of the Galaxy – Cosmic Rewind wiedereröffnen. Nur einen Monat später, am 13. August – derselbe Tag, an dem auch in den Disney’s Hollywood Studios das Fahrgeschäft The Great Movie Ride seine Pforten für den knapp dreijährigen Umbau zu Mickey and Minnie’s Runaway Railway schloss – gab Ellen ihren letzten Auftritt im Universe of Energy.

Abschied von Ellen’s Energy Adventure und dem Universe of Energy

An diesem Tag wurde der Pavillon also noch mal richtig voll, denn alle Fans wollten sich verabschieden. Ironischerweise musste die allerletzte Fahrt an diesem Tag, und wortwörtlich für immer, ebenfalls unterbrochen und evakuiert werden. Es gab ein Batterie-Problem an einem der Wagen, weswegen die Fahrt mitten im Dino-Diorama endete. Doch Disney wäre nicht Disney, wenn sie ganz streng alle Besucher auf schnellstem Wege hinaus beordert hätten. Nein, die Castmember zeigten sich sehr kulant. Sie ließen die Fans noch etwas länger umherwandern, Fotos machen und Videos drehen. Lustigerweise wurde der Abbruch daher auch nicht mit Lauten des Unmuts begleitet, sondern von Jubel und Applaus. Wer wollte, durfte also noch mal auf eine ganz besondere Tuchfühlung mit den prähistorischen Figuren gehen. Natürlich unter Wahrung aller sicherheitsrelevanten Regeln, das versteht sich von selbst.

Es muss ein wahnsinniges Erlebnis gewesen sein, daher seht Ihr hier ein Video davon:

Danach begann der Umbau. Die Guardians wollten einziehen. Eigentlich sollte bereits während der Jubiläumsfeierlichkeiten 2021 auch Cosmic Rewind eröffnet werden. Doch wegen der Corona-Pandemie dauerte es noch bis zum 27. Mai 2022, bis Starlord, Gamora, Drax, Rocket, Groot und Mantis mal wieder eine Katastrophe galaktischen Ausmaßes zu verhindern haben – und das täglich mehrfach. Wer den Ride noch nicht gesehen hat kann sich hier spoilern lassen:

Damit ging eine weitere Ur-Attraktion EPCOTs in die Geschichte ein. Nun verbleiben nur noch Spaceship Earth, Journey into Imagination und The Seas with Nemo and Friends, die mit einigen Aufhübschungen noch ziemlich nah am Original dran sind. Wer weiß, wie lange sie sich halten können.