Mickey vs. Harry & T-Rex

Kommen die Universal Studios in die Nähe von London? Die Pläne für Universal Studios Great Britain

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Universal Studios Great Britain - Grafik zur Veranschaulichung ob Universal nach Europa kommt
Universal Studios Great Britain – kommt ein Universal Park nach Europa?

Am Montag ließ der Insider-Entertainment-Blog Orlando Park Stop die Bombe platzen und präsentierte einen bis ins Detail recherchierten Artikel über einen geplanten Universal Studios Park in der Nähe von London.  Die Autoren hatten Finanzunterlagen und weitere Beweise zusammengetragen, die darauf hindeuten, dass die Universal Studios Great Britain (so der Arbeitstitel) bereits in wenigen Jahren eröffnen könnten. Erst im September hatte Comcast universalstudiosgreatbritain.com und weitere Domains registriert, unmittelbar nachdem das Unternehmen offenbar Land in UK erworben hatte.
Der Bericht kam ausgerechnet in einer Zeit, in der sich die Gerüchte um eine Rückkehr Universals nach Spanien, nach PortAventura World, verdichteten. In den letzten Monaten hatte NBC Universal darauf Markenanmeldungen vorgenommen und sich andere Rechte gesichert, die darauf hindeuteten, dass Interesse an einer Übernahme des zum Verkauf stehenden Resorts bestanden.

Universal bestätigt den Kauf von Land

Am Dienstag bestätigte nun ein Sprecher von Universal Destinations & Experiences gegenüber der Zeitung Bedford Independent:

„Wir haben kürzlich Land in Bedford erworben und befinden uns in einem frühen Stadium der Prüfung der Machbarkeit für einen potenziellen Park und Resort an diesem Standort. Es wird viele Monate dauern, bis wir bereit sind, eine Entscheidung zum Fortfahren zu treffen und wir freuen uns darauf, mit allen relevanten Interessengruppen und der örtlichen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten.“

Sprecher von Universal im Bedford Independent

Universal sei ständig auf der Suche nach neuen Parkstandorten auf der ganzen Welt, und Großbritannien sei mit seiner großen Bevölkerung, einer starken Kreativwirtschaft sowie einer florierenden Tourismus- und Verkehrsinfrastruktur im Herzen Europas ein ideales Reiseziel. Bedfords Anbindung an London und Europa sei ein Faktor bei der Entscheidung gewesen, mit der Prüfung der Machbarkeit eines Parks in der Gegend zu beginnen.

Tja! Ist die Katze aus dem Sack, bringt Leugnen oder Schweigen ja nichts. Daher ist die Bestätigung von Universal verständlich, wenngleich sie vermutlich gerne selbst das Timing der Bekanntgabe bestimmt hätten. Natürlich wird nun erst einmal darauf verwiesen, dass man noch keine möglichen Themenbereiche festgelegt habe und noch gar nicht wisse, ob man hier wirklich einen Park bauen werde, sondern zunächst einmal dessen Machbarkeit prüfen müsse.
Doch werfen wir mal einen Blick auf die Details, die Orlando Park Stop recherchiert hat, schließlich gilt der Blog als verlässliche Quelle, was Voraussagen und Insider-Infos aus der Themenpark-Welt angeht.

Wo soll der neue Park gebaut werden?

Bedford liegt 74 km nördlich von London. Genau dazwischen befinden sich die Harry-Potter-Studios und der Flughafen London-Luton, der hauptsächlich von easyjet angesteuert wird.
Von Kings Cross (nicht von Gleis 9 ¾) fährt man mit der Bahn-Direktverbindung in gut 40 Minuten nach Bedford, mit dem Auto ist man rund 90 Minuten unterwegs.
Dieser Standort war übrigens einer von elf, die für das gescheiterte The London Resort von Paramount in Betracht gezogen worden waren.

Wie groß soll das Universal Studios Great Britain Resort werden?

Sollte der Park gebaut werden, wird es keine kleine Sparversion eines Universal Parks à la Walt Disney Studios Paris, sein, sondern ein großer Park, der (als erster im Vereinigten Königreich) rund ums Jahr geöffnet haben würde.
Universal Destinations and Experiences hat bestätigt, dass Comcast im Jahr 2023 die Baufirma Cloud Wing UK Limited gekauft hat. Mit diesem Kauf geht ein 95 Hektar großes Grundstück mit dem Titel Kempston Hardwick New Settlement einher.
Auf dieser Fläche entstünde nicht nur der Park, sondern ein komplettes Resort mit Hotels und CityWalk, vielleicht auch noch einem Wasserpark.
Um der Zahl 95 Hektar ein Gesicht zu geben: Das ist genauso groß wie das komplette Europa Park Resort samt Park, Parkplätzen, Hotels und Rulantica. – Oder so groß wie der Disneyland Park in Paris und der Magic Kingdom Park in Orlando zusammen.
Doch Orlando Park Stop vermutet, dass Universal bereits mehr Land erworben hat:

“Insgesamt scheint es, als hätte das Unternehmen rund 500 Acres (bzw. 200 Hektar) Gesamtland in Bedford, England, erworben.”

Das wäre dann schon fast die Größenordnung das aktuell mit Parks, Disney Village, Hotels und Hauptparkparkplatz bebauten Kern-Areals des Disneyland Paris Resorts (ca. 260ha), ohne den inzwischen nicht mehr zu Disney gehörenden Golfplatz und die sich auf dem Gelände des Resorts befindlichen städtebaulichen Bereiche wie Val d’Europe etc.

Welche Themenländer könnte es geben?

Der Sprecher von Universal Destinations and Experiences sagte, dass noch keine kreativen Inhalte bestätigt worden seien.

Gerüchte besagen aber, dass der neue Themenpark viele Indoor-Fahrgeschäfte und -Erlebnisse enthalten würde. So wurden bereits die Universal Studios Beijing konzipiert, um dem dortigen Wetter gerecht zu werden. Länder wie das „Kung Fu Panda Land of Awesomeness“ und das Minion-Land, sowie der „Jurassic World Adventure“-Dark Ride und der Camp Jurassic-Spielbereich sind nahezu komplett Indoor.

Es gibt auch Gerüchte, dass dieser neue Park nicht den Auslandsreisemarkt des Unternehmens kannibalisieren soll und daher keine Attraktionsklone aus den US-Parks enthalten würde. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Park keine geklonten Attraktionen aus anderen Universal Parks auf der ganzen Welt enthalten könnte. Universal würde wohl kaum auf seine größte eigene IP – Jurassic World – verzichten. Harry Potter könnte dabei ein kleines Problem darstellen, schließlich ist die Warner Bros. Studio Tour nur eine knappe Autostunde entfernt. Aber vielleicht gäbe es eine neue Hogwarts-Version, die auf der kommenden HBO-Serie basiert.

Spekulationen über weitere Fremd-Franchises, die den Park einzigartig machen würden, umfassen James Bond, Paddington Bear und Der Herr der Ringe – klassisch nach England passende Themen. Berichten der letzten Jahre zufolge hat Universal möglicherweise bereits die Themenparkrechte für Der Herr der Ringe erworben und wartet möglicherweise auf den richtigen Ort, um ihr erstes Themenparkland in einem Universal Park zu errichten. Das generelle Interesse Universals an den Park-Rechten für den Herr der Ringe ist schon länger bekannt, frühere, schon kurz vor Abschluss stehende Verhandlungen, waren nur knapp am letztlichen Nein der Erben Tolkiens gescheitert.

Wann könnten die Universal Studios Great Britain eröffnen?

Ein offizieller Zeitplan wurde vom Unternehmen nicht veröffentlicht, doch Gerüchten zufolge soll dieses Projekt bis spätestens 2030 abgeschlossen sein und ein neuer Themenpark fertiggestellt und eröffnet werden.
Das Ziel könnte darin bestehen, zuerst Epic Universe in Orlando fertigzustellen, bevor mit den großen Bauarbeiten für Universal Studios Great Britain begonnen wird. Zur besseren Kostenverteilung würde so immer nur an einem Großprojekt zeitgleich gearbeitet.
Bis zu einer Eröffnung 2030 wären es nur 6 Jahre. Universal beweist gerade mit Epic Universe, dass es geht. Spatenstich für den Park war 2021 und der Park sowie die drei zugehörigen Hotels wachsen in einem beachtlichen Tempo, der zur Zeit geplante Eröffnungstermin ist 2025.
Das UK-Projekt ist in einer frühen Phase und die Dinge können sich natürlich noch ändern. Der Grundstückskauf bedeutet nicht, dass Universal das Projekt sicher umsetzen wird. Aber er ist schon ein gutes Indiz, dass man es ernst meint.

Wie realistisch ist es, dass Universal in Großbritannien baut?

Die Liste von groß angekündigten und wieder abgesagten Freizeitpark-Bauprojekten ist lang, insbesondere in Asien. Aber auch in Europa sorgten in den letzten 10 Jahren Ankündigungen für ein großes Resort der chinesischen Wanda-Gruppe bei Paris und ein Projekt von Paramount in Murcia, Spanien sowie in Kent in Großbritannien für Aufsehen. Wanda erlitt dann mit diversen Freizeitparks in China Schiffbruch und kappte diese Unternehmenssparte, Paramount fand keine Investoren. Zuletzt gab es ein jahrelanges, totales Planungschaos beim 2,5 Milliarden-Multipark-Projekt ”London-Resort” in Kent, das letztes Jahr schließlich gestoppt wurde.

Auch Universal hat in der Vergangenheit viele Freizeitparkpläne gestartet und wieder aufgegeben – in Manila, Dubai, Moskau und Südkorea. In den 90ern gab es sogar Pläne für Deutschland: “Universal`s Hollywoodland” in Krefeld scheiterte u.a. am deutschen Behördenwahnsinn und missmutigen Anwohnern.

Tatsächlich erwarb Universal 1999 dann einen Anteil von 37% am bestehenden Park Port Aventura und verpasste dem Park seinen Namen und den Achterbahnen etwas Movie-Thematisierung. Große auf Filmen basierende Dark-Rides wie in Hollywood und Orlando gab es allerdings nicht. 2005 gab Universal seine Anteile wieder ab, entfernte das Branding und ließ als Abschiedsgeschenk das Maskottchen Woody Woodpecker zurück.
Aktuell steht das Resort aber wieder zum Verkauf und sowohl Universal als auch Merlin Entertainments (Legoland, Madame Tussauds, Sealife, Heidepark) werden als potentielle Käufer vermutet. Nach Bekanntwerden der UK-Pläne scheint eine Übernahme durch Universal aber eher unwahrscheinlich, auch wenn es Gerüchte gibt, dass Universal in Europa mehrgleisig fahren wolle – für Disneyland Paris würde dies quasi einen Zangenangriff bedeuten. Allerdings bräuchte auch PortAventura World massive Investitionen, um auf das Niveau zu kommen, das man inzwischen von Universal Parks gewohnt ist und es ist sehr zweifelhaft, ob Universal zeitgleich zwei solch massive Investitionen auf räumlich doch recht kleinem Areal tätigen würde.

Angriff auf die Freizeitparkwelt seit Übernahme durch Comcast

Seitdem sich Universal aus Europa zurückgezogen hat, hat sich aber Vieles geändert – z.B. der Besitzer: 2009 kündigte Comcast die Übernahme von Studios und Freizeitparks an, abgeschlossen wurde der Deal schließlich 2011.
Das brachte neuen Wind und vor allem den Ansporn, insbesondere in Orlando, aus dem Schatten von Disney herauszutreten. Und spätestens mit der Eröffnung der ersten Wizarding World of Harry Potter hat Universal gezeigt, dass sie es können – und jetzt aggressiv am Maus-Thron kratzen. Seitdem werden regelmäßig neue immersive Attraktionen und Länder gebaut und Disney scheint oftmals drei Schritte hinterherzuhinken – so wie aktuell in Orlando, wo von Disney noch keine Pläne bekannt wurden, die dazu geeignet wären, der Eröffnung von Epic Universe zu begegnen.

Der neu benannte Geschäftsbereich Universal Destinations and Experiences unter der Muttergesellschaft Comcast will jetzt vehement weltweit expandieren – und zwar nicht nur mit Klonen der Originalparks. Während der neue Epic Universe Park in Orlando zunehmend Form annimmt, wurden kürzlich bereits die nächsten Parkprojekte angekündigt:

  • 2025 startet der Bau eines zweiten Parks und neuer Hotels im Universal Studios Beijing Resort.
  • In Frisco, Texas, soll ein Universal Kids Resort entstehen – ein kleinerer Park für Familien mit jüngeren Kindern.
  • Der Erfolg der Universal Halloween Horror Nights soll in Las Vegas, Nevada ganzjährig unter dem Label Universal Horror Unleashed Gäste anziehen.

Universal macht also jetzt Nägel mit Köpfen und somit stehen die Chancen für “Universal Studios Great Britain” durchaus gut.

Ein neuer Park bedeutet immer eine immense Veränderung für die umliegenden Orte. Mehr Verkehr, mehr Menschen und Lärm, steigende Mieten – allerdings auch neue Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Infrastruktur.
Es gibt viele Faktoren, die ein Projekt kippen können, von der geschützten Steinlaus, die auf dem Baugrund beheimatet ist, bis zu aufbegehrenden Anwohnern. Universal hat mit Bedford scheinbar eine gute Wahl getroffen, denn die Gemeinde ist Feuer und Flamme, groß rauszukommen und zu wachsen – mit oder ohne Universal. Das gekaufte Land ist bebaubar und es gibt bereits Pläne für ein anderes Filmstudio (kein Park), das ein direkter Nachbar für Universal sein würde.

Eine gute Verkehrsanbindung ist bereits gegeben und wird in den kommenden Jahren auch noch ausgebaut, wie der Bürgermeister von Bedford vergangene Woche ankündigte: „Dadurch rückt Bedford in den Mittelpunkt des Universums“ – eine interessante Formulierung, die möglicherweise ein Vorgeschmack auf das Kommende ist.

Welche Auswirkungen hätte ein Universal Resort auf Disneyland Paris?

Disneyland Paris ist bis dato in Europa (fast) konkurrenzlos. Natürlich gibt es überall Freizeitparks, doch als richtige Reisedestination für einen mehrtägigen Aufenthalt, und nicht nur für einen Ausflug, können lediglich der Europa Park und de Efteling Disney wirklich die Stirn bieten. Viel zu Lange hat sich das Disneyland Paris auf seiner Vormachtstellung ausgeruht, aber das leidige Thema ist ja bekannt. Wirklich Neues gab es lange nicht, unterdessen rüsteten andere Parks auf. Während Fans auf eine Soarin-Version für Paris hofften, zauberte stattdessen der Europa Park mit dem Voletarium eine gute Kopie aus dem Hut und das Legoland präsentierte mit Ninjago einen neuartigen Ride, der später von Disney als Web Slingers: A Spider-Man Adventure in Anaheim bzw. Spider-Man: W.E.B. Adventure in Paris eröffnete.

Aber schauen wir mal, was in den USA passiert ist: Dort hat Universal mit der Wizarding World of Harry Potter den Stein (der Weisen) ins Rollen gebracht. Viel zu spät erkannte Disney, dass ihnen der vernarbte Junge eine Menge Gäste abzog. Der Konter kam dann (Jahre später) mit Pandora – The World of Avatar im Animal Kingdom. Doch da zauberte Universal mit dem zweiten Potter-Land Diagon Alley bereits den nächsten Trumpf aus dem Ärmel, der das Blau der Na’vi fast verblassen ließ. Wieder war die Maus im Zugzwang und kündigte Galaxy’s Edge an, das dann mit Rise of the Resistance sicherlich den beeindruckendsten Ride schlechthin präsentierte. Aber nun, als hätte man es geahnt, schickte Universal seine Besucher mit Hagrid auf ein gigantisches Motorbike Adventure und ließ mit dem Velocicoaster die Dinos von der Kette. Beim Bau des Wasserparks Universal`s Volcano Bay dürften die Disney-Imagineers dann den sprichwörtlichen Hut verspeist haben, denn dieses Konzept war einst für das Disneyland Paris vorgesehen – der ideengebende Imagineer war zwischenzeitlich zu Universal gewechselt.

Für uns als Besucher ist solch ein Konkurrenzkampf natürlich gut. Es spornt jedes Unternehmen an, immer wieder neue, noch immersivere Erlebnisse zu schaffen, um mit dem Mitbewerber Schritt zu halten.
Was die Resorts von Disney und Universal von anderen Mitbewerbern unterscheidet: Es sind eben “nicht nur Freizeitparks”, sondern Erlebniswelten. Dabei spielen die IPs bzw. Franchises eine entscheidende Rolle. Und so ein Aufenthalt kratzt ganz schön an der Kreditkarte – da muss man sich dann entscheiden: Mickey oder Harry, Minions oder Stitch, Simba oder Donkey Kong, Rex oder …äh… T-Rex? – Die Universal Studios Great Britain würden auf jeden Fall Besucher aus ganz Europa von Disneyland Paris abziehen, insbesondere aus Nordeuropa, wo die Reisekosten für beide Locations ähnlich wären.
Besonders Besucher aus dem Vereinigten Königreich, die mit deutlich über 10% der Gäste nach den Franzosen die zweitgrößte Besuchergruppe von Disneyland Paris stellen, würden wahrscheinlich den nahegelegenen Park wählen. Paris war durch den Eurotunnel in wenigen Stunden gut zu erreichen, aber, wenn man Universal vor der Tür hat…

Disneyland Paris sollte, sobald Universals Pläne konkreter werden, also rechtzeitig handeln, statt seine Projekte, wie in den letzten Jahren zum Beispiel nach der großen Ankündigung der Erweiterung der Walt Disney Studios 2018 von der bis heute kaum etwas wirklich eröffnet wurde, nur im Schneckentempo voranzubringen. Der dritte Park dürfte dann auf jeden Fall gebaut werden, vielleicht sogar eher als wir es erwarten.