Thunder Mesa – Nicht irgendeine Westernstadt
07.03.25, 16:13 |

Wer das Disneyland Paris betritt, merkt sofort, mit wie viel Liebe und Detailverliebtheit der Park gebaut wurde. Sei es die immer perfekt an die Jahreszeit angepasste Bepflanzung, die wunderschön gestalteten und beschrifteten Fenster der Main Street U.S.A., die die Besucher dazu einladen, darüber nachzudenken, was sich wohl gerade dahinter abspielen könnte, das wunderschöne Dornröschenschloss, welches in der Mitte des Parks majestätisch thront, oder aber auch die vielen hidden Mickeys, die überall im Park kunstvoll in die Dekoration mit eingebaut wurden.
Aber wusstet Ihr auch, dass wenn Ihr das Frontierland betretet, welches Euch direkt in die Zeit des wilden Westens reisen lässt, ihr nicht nur irgendeine x-beliebige Kulisse eintretet? Ihr landet direkt in dem kleinen verschlafenen Goldgräberstädtchen „Thunder Mesa“. Und eben dieses Thunder Mesa erzählt Euch seine Geschichte, in der die Attraktionen dieses Bereiches eng miteinander verknüpft sind. Diese wirklich interessante Geschichte möchte ich Euch hier ein wenig näherbringen.
Die Geschichte von Thunder Mesa
Lange bevor die ersten Siedler dieses Land betraten, gehörte es den Indianern. Hier, wo die roten Felsen des Big Thunder Mountain sich imposant gen Himmel strecken und die großen Geysire an den Ufern der Rivers of the Far West majestätisch das Wasser in die Luft schießen, war ihr Zuhause. Auf der Weite der Prärie, oder auch geschützt durch die großen Sequoia-Kiefern, standen ihre Tipis. Sie verehrten den Big Thunder Mountain als einen heiligen Ort. Denn dort wohnte der mächtige Donnervogel, der sowohl die Stämme der Ureinwohner als auch deren Land und das Gold, welches im Big Thunder Mountain ruht, beschützte.
Nur ein Schlag mit seinen mächtigen Schwingen reichte aus, und die Erde begann zu beben. Im Jahr 1849 wurde die Ruhe dieses mystischen und heiligen Ortes tief erschüttert. Angelockt von den Geschichten über den Big Thunder Mountain, dessen immense Goldvorkommen und die Legenden des Donnervogels, trafen die ersten Glücksritter an den Ufern der Rivers of the Far West ein. Sie entrissen den Indianern ihr Land und vertrieben sie. Die Häuptlinge und Medizinmänner der Stämme riefen den großen Donnervogel um Hilfe an und verfluchten das Land. Doch anfangs geschah nichts.
Goldgräber und Siedler errichten Thunder Mesa
Die ersten Goldgräber und Siedler errichteten die kleine Siedlung Thunder Mesa, einen Außenposten tief im Herzen des wilden und weitgehend unbekannten Westens. Schnell wurden die ersten Glücksritter im ehemaligen Indianerland fündig – Gold! Die Nachricht verbreitete sich rasch und zog immer mehr Menschen sowie die Armee nach Thunder Mesa. Aus der kleinen Siedlung entstand schnell eine florierende Handelsstadt mitten im wilden Westen.
Bars und Salons entstanden, darunter der Lucky Nugget Saloon, der der jungen Miss Lilly Diamond gehörte. Angeblich hatte sie den Saloon mit einem riesigen Goldnugget bezahlt. Wie sie jedoch zu diesem Nugget kam, blieb ihr gut gehütetes Geheimnis. Wie zu erwarten, zog dieser Ort auch einige zwielichtige Gestalten an. Auch Restaurants wie das Silver Spur Steakhouse und das Last Chance Café schossen wie Pilze aus dem Boden.
Der Händler Tobias Norton gründete das Thunder Mesa Mercantile Building, das erste Geschäft des Ortes, um die Einwohner mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs zu versorgen. Die Armee baute vor Thunder Mesa das Fort Combstock, um die Stadt vor den Angriffen der Indianer zu schützen, die in ihrer Verzweiflung über den Verlust ihres Landes immer wieder Angriffe auf die Stadt verübten. Auch das Gold, das die Goldgräber fanden, wurde hier sicher gelagert, bevor es abtransportiert wurde.
Zum Zwecke des Warentransports wurde sowohl eine Eisenbahnlinie mit Bahnhof als auch ein Schiffsanleger an den Ufern der Rivers of the Far West erbaut, an dem große Flussschiffe wie die Mark Twain oder die Molly Brown Waren laden und löschen konnten, sowie Passagiere aufnehmen konnten.
Die Geschichte von Henry Ravenswood
Als einer der ersten Glücksjäger kam der damals schon wohlhabende Henry Ravenswood nach Thunder Mesa, begleitet von seiner jungen Frau Martha und deren kleiner Tochter Melanie. Henry erkannte sofort das Potenzial des Big Thunder Mountain und errichtete, entgegen jeder Warnung vor dem Donnervogel, die erste kommerzielle Mine in Thunder Mesa – die Big Thunder Mesa Mining Company – um das Gold im großen Stil abzubauen.
Für sich und seine Familie baute er ein imposantes Herrenhaus auf einem Hügel oberhalb von Thunder Mesa. Jeder sollte den Reichtum und den Einfluss der Familie sehen. Doch das Ravenswood Manor wirkte von außen luxuriös und prachtvoll, während es für Melanie, die kleine Tochter, eher wie ein Gefängnis war. Henry war besessen von seiner Tochter und, aus Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte, schirmte er sie fast völlig von der Außenwelt ab. Melanie hatte nur Kontakt zu ihren Eltern und dem Personal des Hauses. Nur selten wurde sie in Begleitung ihrer Mutter in Thunder Mesa gesehen.
Henry und seine Tochter Melanie
Mit der Zeit wuchs Melanie zu einer jungen, sehr hübschen Frau heran, und es dauerte nicht lange, bis zahlreiche junge Männer angezogen wurden – sowohl von ihrer Schönheit als auch vom Reichtum der Familie. Viele kamen zum Ravenswood Manor, um Henry um die Hand seiner Tochter zu bitten. Doch Henry war voller Hass und Eifersucht. Niemand war gut genug für seine Melanie.
Und dann geschahen seltsame Dinge. Diejenigen, die um Melanies Hand gebeten hatten, erlitten schlimme Unfälle: Einer wurde von einem Bären angegriffen und getötet, ein anderer starb bei einem Unfall im Sägewerk, und ein weiterer verlor sein Leben bei einem Bootsunfall. Diese Vorfälle sorgten natürlich für viel Gerede und Spekulationen in Thunder Mesa, doch niemand wagte es, Henry offen mit den Vorfällen in Verbindung zu bringen.
Trotz dieser Ereignisse lernte Melanie heimlich den jungen Bergbauingenieur Jake kennen, der in der Firma ihres Vaters arbeitete. Die beiden verliebten sich, und Jake hatte einen Plan: Er wollte Melanie aus dem Haus ihrer Eltern entführen und mit ihr fortgehen. Doch Henry entdeckte ihre Pläne, verbot die Hochzeit und sperrte Melanie im Ravenswood Manor ein.
Die Rache des Donnervogels
Einige Tage später, an einem Frühjahrsmorgen im Jahr 1860, geschah etwas Schreckliches. Thunder Mesa wurde von einem verheerenden Erdbeben erschüttert und schwer beschädigt. Henry Ravenswood, der an diesem Morgen seine Mine kontrollierte, wurde von herabstürzenden Trümmern erschlagen. Seine Leiche wurde geborgen und auf dem Boot Hill unterhalb des Ravenswood Manors beigesetzt. Seine Frau Martha, die herzkrank war, erlitt durch die Aufregung einen Herzinfarkt und starb am selben Tag wie ihr Mann. Auch sie fand ihre letzte Ruhestätte auf dem Boot Hill, direkt neben ihm.
Die Schäden, die das Erdbeben anrichtete, waren immens, vor allem die Mine war so stark beschädigt, dass sie als einsturzgefährdet galt und stillgelegt wurde. Doch einige Bergleute, die sich noch aus den Stollen retten konnten, berichteten, sie hätten kurz vor dem Beben einen großen Vogel in den Stollen gehört und gesehen. Dieser hatte seine Schwingen ausgebreitet, und nur Sekunden später begann die Erde zu beben. Der Donnervogel hatte Rache genommen und diejenigen bestraft, die den Berg ausbeuteten und das Land der Indianer entweihten.
Das traurige Ende von Melanie Ravenswood
Langsam normalisierte sich das Leben in Thunder Mesa. Die Stadtbewohner reparierten die Schäden, und das Leben kehrte zurück. Doch die Mine blieb geschlossen, und die Angst vor der Rache des Donnervogels war zu groß. Melanie Ravenswood blühte nach dem Tod ihres Vaters auf. Sie und Jake hatten große Pläne, sowohl für sich selbst als auch für Thunder Mesa. Zu ihrer Hochzeit luden sie die ganze Stadt ein.
Als der Tag der Hochzeit kam, wurde Melanies Glück jedoch brutal zerstört. Während sie am Altar im Garten auf Jake wartete, erschien dieser nicht. Melanie wartete Stunde um Stunde, doch Jake blieb verschollen. In ihrer Verzweiflung rannte sie ins Ravenswood Manor, verbarrikadierte die Türen und verließ das Haus nie wieder. Es heißt, sie habe dort bis zu ihrem Tod auf die Rückkehr ihres Verlobten gewartet. Oder war es doch etwas anderes, das sie in diesem Gemäuer gefangen hielt?
Gerüchte um Ravenswood Manor
Ab diesem Zeitpunkt berichteten die Bewohner von Thunder Mesa immer wieder von seltsamen Ereignissen rund um das Ravenswood Manor: Schatten, die um die Villa schlichen, geisterhaftes Gelächter und Musik in den Gärten, obwohl niemand zu sehen war, Vorhänge, die sich im Haus auf seltsame Weise bewegten, und Umrisse von Personen an den oberen Fenstern des Hauses. Es klang immer wieder eine schaurige Melodie aus den Räumen des Hauses: Ghosts, grinning, Ghosts come out to socialize.
Die Stadtbewohner fürchteten sich, und so entstand die Legende, dass es wohl Henry Ravenswood selbst gewesen sei, der aus Eifersucht und Hass aus seinem Grab gestiegen ist, um Jake zu ermorden und dessen Leiche zu verstecken. Und von nun an und bis in alle Ewigkeit seine Tochter Melanie im leeren Phantom Manor, wie es später genannt wurde, gefangen hielt. Oder war es vielleicht die Wahrheit?
Die Verantwortlichen von Thunder Mesa erklärten das Gelände rund um das Ravenwood Manor zum gesperrten Bereich, und die einst prachtvolle Villa wurde dem Verfall preisgegeben.
Das Ende von Thunder Mesa
Die Ereignisse und die daraus resultierenden Geschichten führten dazu, dass immer mehr Bewohner die Stadt verließen, um anderswo neu anzufangen. Wer wollte schon auf einem verfluchten Indianerheiligtum leben, auf dem der Donnervogel die Erde erbeben ließ und Geister ihr Unwesen trieben? Da die ehemals profitable Mine ihre Tore ebenfalls für immer geschlossen hatte, gab es auch keine Arbeit mehr in der Stadt. Die Menschen und die Armee, die man nicht mehr brauchte, kehrten Thunder Mesa für immer den Rücken.
Es kam, wie es kommen musste: Thunder Mesa, einst eine aufstrebende Handelsstadt, zerfiel zu einem verlassenen Städtchen, das jetzt Schmugglern auf den Rivers of the Far West als Heimathafen diente. Eine interessante Geschichte, wie ich finde.
Heute ist es möglich, diesen besonderen Ort zu besuchen und den Hauch der Geschichte zu erleben, der noch immer durch Thunder Mesa weht. Auf eigene Gefahr kann man sowohl das Phantom Manor als auch die Mine der Big Thunder Mining Company besichtigen. Vielleicht entdeckt ihr ja die Dinge, die sich in der Geschichte von Thunder Mesa verbergen!
Noch ein interessanter Punkt zum Phantom Manor
Das Phantom Manor im Disneyland Paris ist das einzige Spukhaus in allen Disneyparks weltweit, das von außen auch wie ein Spukhaus aussieht. Eigentlich wollte Walt Disney, als er die erste Haunted Mansion in Disneyland in Anaheim, Kalifornien, errichtete, dass das Gebäude von außen sehr gepflegt aussieht und sich perfekt in die Umgebung einfügt. Da die ursprüngliche Haunted Mansion im New Orleans Square liegt, wurde sie im Stil einer viktorianischen Villa im Südstaatenstil erbaut.
Die zweite Haunted Mansion in Walt Disney World wurde in einem anderen Bereich des Parks errichtet, und ihre äußere Erscheinung passte sich diesem an. Sie erstrahlt im Tudor-Stil und in Backsteinoptik. Diese Variante übernahm man auch in Tokio.
Im Disneyland Paris jedoch passte dieser Stil überhaupt nicht zu der Umgebung, also entschied man sich, die Haunted Mansion im Frontierland zu errichten. Um sich in diese Umgebung einzufügen, wurde das Gebäude als heruntergekommenes Herrenhaus im Stil des wilden Westens gestaltet. So entstand das Phantom Manor, das sowohl innen als auch außen eine abgewandelte Form der klassischen Haunted Mansion darstellt.