Jean-Marie Gerbeaux – Fenster der Main Street Teil 4
11.07.13, 14:00 |
Auf der rechten Seite der Main Street U.S.A. liegt das Geschäft Harrington’s Fine China & Porcellaine. Hebst Du den Blick und schaust an der Fassade des Gebäudes hinauf, erblickst Du ein großes Schild mit der Aufschrift „Main Street Gazette“ und darunter drei Fenster, auf denen jeweils zwei Namen stehen.
Heute soll es um das Fenster in der Mitte gehen, auf dem Folgendes zu lesen ist:
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At Your Service
Jean-Marie
Gerbeaux
Tom Elrod
Heute soll es um den Erstgenannten, also Jean-Marie Gerbeaux gehen, über Tom Elrod werden wir dann demnächst berichten.
Wer war Jean-Marie Gerbeaux?
Jean-Marie Gerbeaux war von 1989 bis 1995 für die Euro Disney SCA tätig. Zuvor war er bei Renault und nach seiner Tätigkeit bei Disney wechselte er zu SNCF, dem französischen Bahnunternehmen.
Bei Disney war er in der Kommunikationsabteilung beschäftigt und war in dieser Position wesentlich an einigen bedeutenden Änderungen, die das Resort in den Anfangsjahren erlebte beteiligt. So wird Gerbeaux immer wieder als die treibende Kraft hinter der Einführung von alkoholischen Getränken in den Restaurants des Disneyland Parks bezeichnet.
Ursprünglich hatte Disney nach seiner gängigen Politik gehandelt, im Magic Kingdom, der US-Variante des Disneyland Parks in Paris, keinen Alkohol auszuschenken. Doch bei vielen europäischen Gästen stieß dieses Vorgehen auf Ablehnung, Gerbeaux, selbst Franzose, erkannte diese Schwierigkeit und setzte hinter den Kulissen alle Hebel in Bewegung, um den Park europäischer zu machen. So kam es bereits 1993, also nur ein Jahr nach der Eröffnung des Resorts dazu, dass in den Restaurants des Themenparks Wein und Bier ausgeschenkt wurden.
Die Leistung bei der Bewältigung der ersten großen Krise
Dies war natürlich nur ein Schritt, viele weitere waren notwendig, um das anfangs strauchelnde Projekt letztendlich in Frankreich und ganz Europa zu etablieren. Im Zusammenhang mit der Überwindung dieser Krise fällt immer wieder der Name Gerbeaux, der wohl als Franzose einen anderen Blick auf seine Heimat hatte als die aus den USA stammenden Verantwortlichen und so wesentlich dazu beitragen konnte, dass einige Entscheidungen an den europäischen Geschmack angepasst wurden. Wichtig war ihm unter anderem, dass darauf geachtet wurde, den Park möglichst amerikanisch zu halten, denn nach seiner Auffassung war es wenig sinnvoll in Europa ein „neues Europa“ zu erschaffen, vielmehr sollten die Besucher sich hier wie in Amerika fühlen, auch wenn es in dieser Hinsicht einige Änderungen geben musste, wie zum Beispiel den Ausschank alkoholischer Getränke in den Park-Restaurants.
Wie sich immer wieder zeigt ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell nicht immer ohne jegliche Änderung an jedem Ort der Welt erfolgreich, sondern erst, wenn es einige Anpassungen erfahren hat. Genau in diesem Bereich fällt der Einfluss Gerbeaux’.
Jean-Marie Gerbeaux – oder doch ohne ‘x’?
Zu Jean-Marie Gerbeaux gibt es eine lustige Geschichte, die allerdings nur indirekt mit dem Disneyland Paris zu tun hat. Vielmehr geht es um den Londoner Millenium Dome, der heute The O2 heißt, – eine riesige Veranstaltungshalle an der Themse, der als Fehlplanung gilt.
Die Probleme diese Gebäudes, in dem das Millenium gefeiert werden sollte, zeichneten sich ziemlich direkt nach dem Bau ab. Ein Retter musste her und die Briten entschieden sich für einen 34jährigen Franzosen, der einen Abschluss der Harvard Business School vorweisen konnte und als „Retter des Disneyland Paris“ galt: Pierre-Yves Gerbeau. Wer den Artikel aufmerksam gelesen hat, dem ist klar, dass die Verantwortlichen in London ihn wohl mit Jean-Marie Gerbeaux verwechselt haben müssen. Wie es dazu kommen konnte, ist bis heute nicht geklärt. Zwar hatte auch Gerbeau auch im Disneyland Paris gearbeitet, allerdings im mittleren Management, zuständig für die Koordinierung von Müllabfuhr, Parkplatzordnung und Crowd Management im allgemeinen und nicht in der Kommunikationsabteilung – und war schon gar nicht als „Retter des Resorts“ in Erscheinung getreten.