Jahresergebnis 2016 der Euro Disney SCA – ein Katastrophenjahr
11.11.16, 02:28 |
Gestern hat die Euro Disney SCA ihre Finanzzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr veröffentlicht.
Fast 1 Milliarde Euro Verlust, Besuchereinbruch um 10%, Umsatzeinbruch um 7% und und und – eine negative Zahl jagt die andere.
Das Jahr 2016 ist sicherlich ein Katastrophenjahr für das Disneyland Paris, positive Werte gibt es in keinem Bereich zu sehen – aber bevor wir nun alles schwarzmalen, lasst uns lieber einmal einen genauen Blick auf das Jahresergebnis 2016 werfen.
Das Jahresergebnis 2016 im Detail
Die Besucherzahlen im Jahr 2016
2015 besuchten noch 14,8 Millionen Menschen das Disneyland Paris – nach einem Rückgang in den Vorjahren ging es 2015 also wieder ein wenig nach oben – zum Rekordjahr 2012 mit 16 Millionen Besuchern fehlte noch einiges, aber man konnte ein wenig Hoffnung schöpfen.
Dann kam der 13. November 2015 – die schrecklichen Anschläge von Paris. Und bereits in diesem Moment war eigentlich klar, dass sich dies im laufenden Geschäftsjahr auch negativ auf das Disneyland Paris auswirken würde.
Dass der Einbruch aber so massiv sein würde, damit konnte noch niemand rechnen und tatsächlich sanken die Besucherzahle im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2016 auch nur um 300.000 im Vergleich zum selben Zeitraum 2015 – ein Verlust um ca. 4,5% – schlecht, aber nicht katastrophal.
Was in den kommenden Monaten folgte, sollte weit dramatischer werden.
Im Zeitraum von April bis September 2016, dem zweiten Halbjahr des Geschäftsjahres 2016, brachen die Besucher von 8,1 Millionen im Vorjahr auf 7 Millionen ein und damit um fast 14%. Der größte Einbruch, den das Disneyland Paris in seiner nun bald 25jährigen Geschichte je erlebt hat.
Allein dieser massive Unterschied im Besuchereinbruch von ersten zum zweiten Halbjahr zeigt, dass für den Niedergang keineswegs nur externe Faktoren verantwortlich sind, wie sie immer wieder angeführt werden – doch dazu später mehr.
Im Gesamtjahr 2016 kommt das Disneyland Paris somit nur noch auf 13,4 Millionen Besucher, nach 14,8 Millionen im Jahr 2015.
Positiv zu erwähnen ist, dass das Disneyland Paris trotz dieses Einbruchs die meist besuchte Touristenattraktion Europas bleibt.
Die Zusammensetzung der Besucher
In absoluten Zahlen hat das Disneyland Paris auf all seinen Märkten an Besuchern verloren – anteilig an der Zahl der Gesamtbesucher stiegen die Besucherzahlen aus Frankreich und Großbritannien leicht an, während die aus Spanien stagnierten und die Anteile der Besucher aus Belgien, den Niederlanden, Italien, Deutschland und Österreich leicht sanken.
Mit nunmehr 49% der Besucher, die aus Frankreich kommen, nähert sich das Disneyland Paris fast wieder dem Jahr 2013 an, in dem zum bisher ersten Mal mehr als die Hälfte der Besucher aus Frankreich kam.
Umsatz, Verlust, EBITDA und weitere Kernzahlen
Der Umsatz der Euro Disney SCA sank im vergangenen Geschäftsjahr von 1,373 Milliarden Euro auf 1,278 Milliarden Euro.
Der Hauptteil des Einbruchs liegt dabei bei den Themenparks mit einem Umsatzverlust von über 10% im Vergleich zum Vorjahr, wohingegen der Rückgang bei den Hotels und dem Disney Village bei „nur“ ca. 4% lag.
Gleichzeitig stiegen die Ausgaben deutlich an, was alleine aus dem operativen Geschäft zu einem Verlust von 242 Millionen Euro führte – mehr als viermal so viel, wie noch 2015 mit nur 57 Millionen.
Aus den Zahlen ergibt sich in diesem Jahr sogar ein negatives EBITDA von 34 Millionen Euro, also in Höhe von 3% des Umsatzes, was die massiven Probleme des Disneyland Paris hinsichtlich Profitabilität und Cash-Flow verdeutlicht.
Der Gesamtverlust der Euro Disney SCA lag im Geschäftsjahr 2016 sogar bei 858 Millionen Euro – allerdings resultiert ein Großteil davon, 565 Millionen, aus Sonderabschreibungen und Wertberichtigungen der Vermögenswerte der Euro Disney SCA und ihrer Tochterunternehmen in Folge eines Werthaltigkeitstestes und hat somit keine direkten Auswirkungen auf den Cash-Flow des Unternehmens.
Ein Wertverlust der Vermögenswerte der Euro Disney SCA wird angenommen, da die Tourismusbranche in Frankreich in Folge der Terroranschläge und anderer externer Faktoren nachhaltig geschädigt erscheint – so zumindest die Begründung für die Wertberichtigung. Allerdings zeigt diese Wertberichtigung auch ganz deutlich, wie weit das Resort wirklich herabgewirtschaftet ist und wie negativ die mittelfristigen Aussichten auf aus den Einrichtungen des Resorts generierten Umsatz sind.
Aus diesen neuen Werten ergibt sich auch ein Eigenkapital von weniger als 50% des Aktienwertes der Euro Disney Associes SCA, der die Parks, das Disneyland Hotel, die Davy Crockett Ranch und der Golfplatz gehören und EDL Hotels SCA, der die restlichen Hotels gehören und ein Kurs-Buch-Verhältnis (KBV) von mehr als 2.
Dies führt nun nach dem französischen Code de Commerce dazu, dass die Euro Disney Associes SCA innerhalb von vier Monaten eine außerordentliche Aktionärsversammlung abhalten muss, in der ihre Aktionäre über eine vorzeitige Auflösung der Gesellschaft abstimmen müssen. Ein Risiko, dass diese Auflösung beschlossen wird, besteht allerdings nicht, da die drei einzigen Aktionäre der Euro Disney Associes SCA, die Euro Disney SCA mit 82%, die EDL Corporation SAS (eine 100%ige Tochter der Walt Disney Company) mit 9% und die Euro Disney Investment SAS (ebenfalls eine 100%ige Tochter der Walt Disney Company) mit den verbleibenden 9% natürlich kein Interesse an einer Auflösung haben. Allerdings führt dies dazu, dass nun innerhalb der zwei folgenden Geschäftsjahre Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ein KBV von maximal 2 und somit einen Wert des Eigenkapitals von mindestens 50% des Aktienwertes zu erreichen. Sollte dies nicht gelingen, könnte das Unternehmen durch Gerichtsbeschluss aufgelöst werden.
Allerdings kommt diese Wertminderung sowohl für die Walt Disney Company als auch die Euro Disney SCA nicht ganz ungelegen, mit Blick auf die Kritik an der Höhe des Angebotes, das die The Walt Disney Company im Rahmen der vergangene Kapitalerhöhung den Aktionären zum Aufkauf ihrer Aktien unterbreitet hatte. Dieses wurde vielfach als zu gering und nicht dem tatsächlichen Wert der Vermögenswerte entsprechend angesehen, was zur Klage des Investmentfonds CIMA gegen die Kapitalerhöhung geführt hatte.
Positive – oder nicht ganz so negative – Kennzahlen
Es gibt aber nicht nur Negatives zu berichten. Einige der entscheidenden Kennzahlen der Euro Disney SCA sind zwar nicht direkt positiv, aber doch zumindest überraschend wenig negativ in Hinblick auf das Gesamtergebnis.
Die durchschnittlichen Ausgaben pro Gast und Tag in den Parks (Average spending per Guest) blieben konstant bei 54 Euro – ein immer noch sehr niedriger Wert, der allerdings seit ein paar Jahren einen (leichten) Aufwärtstrend zeigt und nun zumindest nicht wieder eingebrochen ist.
Die Auslastung der Hotels sank ebenfalls nur minimal von 79% auf 77% – ein gutes Zeichen für die Disney Hotels, die weniger unter dem Einbruch der Tourismusbranche leiden, als die sonstigen Hotels der Region bzw. in der Stadt Paris und trotz sinkender Besucherzahlen in den Parks nahezu stabile Werte vorlegen konnten.
Nun könnte man annehmen, dass diese fast stabil gebliebene Auslastung nur auf vermehrte Rabatte und Sonderangebote zurückzuführen ist und somit dem Disneyland Paris nicht viel eingebracht hat – aber dem ist nicht so. Die Sonderangebote scheinen nur wenig Einfluss auf den im Schnitt im Jahr 2016 gezahlten Preis für Übernachtungen und sonstige Ausgaben in den Hotels (Average spending per room) zu haben, denn dieser sank nur von 238 auf 235 Euro.
Die Liquidität der Euro Disney SCA im Jahr 2016
Im Verlaufe des Jahres musste die Euro Disney SCA auf große Teile einer von der Walt Disney Company bereitgestellten Kreditlinie zur Erhaltung ihrer Liquidität zurückgreifen.
Um die Liquidität der Euro Disney SCA auch weiterhin sicherzustellen, hat die The Walt Disney Company sich dazu entschlossen, die eigentlich von der Euro Disney SCA an sie fälligen Lizenz- und Managementgebühren erneut auszusetzen, wie dies in der Vergangenheit schon einmal der Fall war. Die Aussetzung dieser vertraglich vereinbarten Zahlungen beginnt mit den eigentlich nun für das 4. Quartal 2016 fälligen Zahlungen und spart der Euro Disney SCA für dieses Quartal 21 Millionen Euro. Auf die kommenden 2 Jahre gesehen, sollten so Einsparungen von mindestens 200 Millionen Euro realistisch sein.
Die Ursachen für die schlechten Ergebnisse der Geschäftsjahres 2016
Natürlich führt die Euro Disney SCA den Einbruch hauptsächlich auf externe Faktoren zurück.
Catherine Powell bezog dazu so Stellung:
„Das Disneyland Paris musste ein besonders herausforderndes Jahr meistern. Wir wurden von einer Vielzahl externer Ereignisse schwer getroffen und von der negativen Entwicklung der Tourismuswirtschaft in der Region Paris beeinflusst.
In diesem ungünstigen Umfeld sank unser Umsatz um 7%. Zusammen mit den gestiegenen Kosten auf Grund unserer zukunftsorientierten Wachstumsstrategie um das Gästeerlebnis ständig zu verbessern sowie den Kosten zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen führte dies zu einem signifikanten Rückgang unserer Geschäftsentwicklung für das abgelaufene Geschäftsjahr.“
Selbstverständlich spielten diese Faktoren eine entscheidende Rolle, das lässt sich nicht von der Hand weisen.
Die das Ergebnis belastenden externen Faktoren
Die Euro Disney SCA hat eine Vielzahl von externen Faktoren herausgearbeitet, die das Ergebnis des Jahres 2016 massiv belastet haben – viel mehr, als nur die Anschläge von Paris und Brüssel, die jedem sofort in den Sinn kommen.
Die folgende Grafik zeigt, welche Faktoren das sind.
Sicher sind einige davon entscheidend für die Geschäftsentwicklung gewesen, aber einige sind doch auch recht weit hergeholt und hatten sicher, wenn überhaupt, nur geringen Einfluss.
Außerdem findet man nirgendwo in der Analyse neben den aufgeführten externen Faktoren auch selbstverschuldete Gründe – und derer gibt es ebenso viele, wie externe. Sie alle an dieser Stelle zu diskutieren, würde sicherlich zu weit führen, das haben wir an vielen Stellen in der Vergangenheit getan.
Wenn sich die Situation irgendwann wirklich dauerhaft verbessern soll, ist es entscheidend, dass man sich bei Euro Disney SCA und The Walt Disney Company auch dieser selbstverschuldeten Faktoren bewusst wird und diese anerkennt, um dann an ihrer Behebung zu arbeiten. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist man sich dieser allerdings bewusst, trägt sie aber, verständlicherweise, nicht nach außen.
Die Zukunft des Disneyland Paris
In ihrer Stellungnahme spricht Catherine Powell die „zukunftsorientierten Wachstumsstrategie“ des Disneyland Paris, mit der man das Gästeerlebnis kontinuierlich verbessern möchte und die 2016 für massiv erhöhte Ausgaben sorgte, an.
Dabei geht es natürlich um die vielen Sanierungen, die in den letzten Jahren stattfanden, aktuell durchgeführt werden und uns 2017 erwarten, wie wir sie in der folgenden Grafik noch einmal zusammengefasst sehen.
Natürlich ist dieser Weg richtig und notwendig, man darf aber nicht außer Acht lassen, dass viele dieser notwendigen Maßnahmen vor allem aus Versäumnissen der Vergangenheit resultieren und zu den oben erwähnten selbst verschuldeten Faktoren gehören.
Diese Maßnahmen dürfen nicht das Ende der Fahnenstange darstellen.
Einerseits muss man die Dinge, die überhaupt erst zur Notwendigkeit der umfassenden Sanierungen in dieser Form geführt haben, für die Zukunft endlich abstellen und man kann nur hoffen, dass dies erkannt wurde, auch wenn einiges darauf hindeutet, dass dies nicht überall der Fall ist. Hier spricht zum Beispiel der Zustand von „It’s a small world“ so kurz nach seiner Sanierung Bände.
Andererseits muss man nach Abschluss dieser Maßnahmen endlich massiv für ein zukünftiges Wachstum arbeiten – neue Shows, neue saisonale Events wie Season of the Force oder die Verbesserung bestehender saisonaler Events wie der heute beginnenden Weihnachtssaison reichen dafür einfach nicht aus.
Der Blick in die Freizeitparkwelt Europas abseits des Disneyland Paris gibt vor, was im Disneyland Paris kommen muss. Im kommenden Jahr eröffnen z.B. sowohl im Europa Park in Rust als auch in Efteling absolute Headliner-Attraktionen während das Disneyland Paris zu seinem 25. Geburtstag nicht eine einzige neue Attraktion zu bieten hat.
Diesen Pfad muss man verlassen, man hätte ihn schon vor vielen Jahren verlassen müssen, das Disneyland Paris muss auch beim Bau neuer Attraktionen ein Vorreiter in der europäischen Freizeitparkindustrie werden, um gegenüber der Konkurrenz auf Dauer bestehen zu können.
Daneben müssen in allen Bereichen die Qualitätsstandards weiterhin verbessert werden. Vieles hat sich hier schon getan, aber auch hier darf der Weg nicht vorzeitig enden.
Die The Walt Disney Company ist gefragt!
Es ist aber klar, dass die Euro Disney SCA dies nicht aus eigener Kraft stemmen kann, hier ist der Mutterkonzern, die Walt Disney Company gefragt. Ohne massive Investitionen, ohne die endgültige Beseitigung der strukturellen Probleme des Disneyland Paris, wird unser geliebtes Resort auf Dauer nicht bestehen können.
Wichtig ist dabei auch, dass man sich nicht blenden lassen darf, wenn das Jubiläumsjahr 2017 ein Erfolg werden sollte – und das ist nicht sicher, vor allem auf Grund des ersten Halbjahres des Geschäftsjahres 2017, von Oktober 2016 bis März 2017, wird auch das Jubiläumsjahr kein einfaches Jahr für das Resort werden.
Ein Erfolg 2017 ist kein Anzeichen für die Aussichten auf einen nachhaltigen Erfolg, sich erneut, wie im Besuchsrekordjahr 2012 blenden zu lassen wäre fatal für das Disneyland Paris.
Die Schritte zu einer positiven Entwicklung für die mittelfristige Zukunft müssen direkt im Anschluss an die Sanierungen weitergehen – viel ausgedehnter, als dies jemals in der Geschichte des Disneyland Paris der Fall war, sonst werden wir am Vorabend des 30. Jubiläumsjahres 2022 eine zumindest ähnliche, wenn nicht sogar schlimmere, Situation vorfinden, als aktuell.
Es war schon oft 5 vor 12 im Disneyland Paris, heute ist es 1 vor 12, viel Zeit zum nachhaltigen Handeln bleibt nicht mehr.
Alle Grafiken dieses Artikels © Disney / Euro Disney SCA