Interview mit David Younger, Autor von “Theme Park Design” – Teil 1

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Header zum Interview Teil 1 mit David Younger (Theme Park Design and The Art of Themed Entertainment)Heute starten wir unser Interview mit David Younger, dem Autor des Buchs “Thema Park Design” – das Ihr hier bei amazon kaufen könnt – und ehemaligem Imagineer.
Das Interview erscheint in vier Teilen und gleichzeitig damit starten wir ein tolles Gewinnspiel!
Im ersten Teil des Interviews reden wir über die Anfänge von Davids Begeisterung für Themenparks, die Idee zu seinem Buch und kreatives und cleveres Cover-Design.

David YoungerDer im englischen Durham geborene David Younger kam erstmals bei der Eröffnung des Disneyland Paris 1992 mit Themenparks in Berührung. Sein Werk “Theme Park Design & The Art of Themed Entertainment” entstand während des weltweit ersten doktoralen Art & Design-Forschungsprojekts, das sich mit kreativen Techniken des Themenparkdesigns befasst. Im Rahmen seines Promotionsstudiengangs war Younger unter anderem als Creative Designer bei Disney Imagineering in Glendale, Kalifornien tätig und wurde darüber hinaus für zwei Jahre in den internationalen Vorstand der Themed Entertainment Association gewählt.

Drei “Anfänge”

Begeisterung für Themenparks

Torsten: Herzlich Willkommen David und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Zu Beginn möchte ich mit Dir über drei verschiedene „Anfänge“ sprechen. Vor ein paar Wochen hast Du „Theme Park Design & The Art of Themed Entertainment“ herausgebracht, das in meinen Augen umfassendste Buch über die Themenparkindustrie und ihre inneren Abläufe bei der Arbeit an Projekten.
Bei Themenparks dreht sich alles um Emotionen und Gefühle und so vermute ich, dass es, über die Arbeit für ein akademisches und professionelles Buch hinaus, eines besonderen Enthusiasmus für das Thema bedarf, um ein solch umfassendes Werk zu verfassen. Daher ist der erste „Anfang“, über den ich mit Dir sprechen möchte, der Ursprung Deiner Begeisterung für Themenparks und wann diese begann? Warst Du schon ein Themenparkfan bevor Du Dich akademisch und beruflich mit diesem Gegenstand auseinandergesetzt hast?

David: Vielen Dank für Dein Interesse an meinem Buch. Mein berufliches Interesse an Themenparks entspringt eindeutig meiner Kindheitsliebe für Themenparks und diese kann ich auf das Disneyland Paris zurückführen. Ich war fünf Jahre alt als meine Eltern mit mir ins Disneyland Paris fuhren, noch in dem Monat, in dem es eröffnet wurde. Ich glaube, das war genau das richtige Alter, um den damals und auch heute noch in vielerlei Hinsicht schönsten Themenpark der Welt zu erleben. Ich kritzelte und zeichnete immer meine eigenen Ideen für Themenparks – nach einer Fahrt in einer Attraktion versuchte ich immer, den Aufbau der Attraktion nachzuzeichnen und herauszufinden, wie das Zusammenspiel wohl funktioniert.
Als die Zeit des Studiums kam, wählte ich an der Universität vor allem Kurse zum Thema Film, aber eigentlich nur, weil keine Kurse zu Themenparks angeboten wurden (wobei sich das gerade ändert und ich spannenderweise sogar gefragt wurde, ob mein Buch in einigen Kursen als Lehrbuch genutzt werden darf). Wenn andere Leute über “Vom Winde verweht” oder “Der Pate” schrieben, schrieb ich eben über Themenparkattraktionen.

Torsten: Dass Du so früh schon eigene Ideen für Themenparks hattest, lässt vermuten, dass es da auch einige schöne Anekdoten zu erzählen gibt. Kannst Du dich noch an Deine ersten Ideen erinnern?

David: Ich bin mir sicher, dass es sich damals um Nachahmungen und Abwandlungen gehandelt hat, aber es ist in der Tat auch sehr nützlich nachzuvollziehen, wie Themenparkattraktionen funktionieren und damit habe ich viel Zeit verbracht!
Concept Art zu Indiana Jones Adventure in DisneylandIch kann Dir von einer Erfahrung erzählen, die ich gemacht hab, als ich ungefähr zwölf war. Da versuchte ich den Aufbau des Indiana Jones Adventure in Disneyland nachzuzeichnen. Beim Betreten dieses Fahrgeschäfts kann man das, außerhalb des Parks gelegene, Showgebäude sehen und so wusste ich, dass es rechteckig sein musste und ich wusste auch, dass der Showmittelpunkt, die Cavern of Bubbling Death, rechteckig war. Als ich aber versuchte, diese Konstruktionen zu zeichnen, konnte ich nie alles passend machen. Es gelang mir erst als ich bemerkte, dass der innere Raum in einem Winkel von 45° zum Rest der Konstruktion angeordnet war – eine Tatsache, mit der man nicht auf Anhieb rechnet. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit zu diesem Buch habe ich viel Zeit in Gesprächen mit Tony Baxter, dem federführenden Designer dieser Attraktion verbracht und er erwähnte dabei diese besondere Ausführung, die eine Technik namens Cavern Design beinhaltet. Er erklärte, dass wenn man den Innenraum anstatt rechteckig, in einem schiefen Winkel anordne, man dadurch all diese interessanten, kleinen Ecken erschaffe, die während der Fahrt erkundet werden können und, dass man auf diese Weise den Orientierungssinn der Besucher täuschen könne. Ein fabelhaftes Verfahren!

Torsten: Das klingt nach einem sehr professionellen Ansatz für einen erst Zwölfjährigen! Hast Du Deine erste Inspiration aus dem Disneyland Paris (oder auch von anderen Disney Parks) bezogen oder haben dich auch andere Themenparks beeinflusst, wie zum Beispiel Alton Towers, die für einen Jungen aus dem Vereinigten Königreich ja nahe lägen?

David: Gewiss haben auch andere Parks meine Aufmerksamkeit erregt und auf jeden Fall wurde ich von dem europäischen Themenpark-Boom in den frühen 90ern beeinflusst. Alton Towers war in den Neunzigern besonderes zauberhaft, PortAventura eröffnete mit einer spektakulären Thematisierung der Landschaft und meine Eltern waren so lieb, mir Besuche in Walt Disney World und Universal Orlando Resort zu ermöglichen. Es gab Themenparks, die ich damals nicht besuchte, wie beispielsweise Efteling, aber diesen Fehler habe ich heute längst ausgebügelt.
Eine der spannendsten Tätigkeiten während meiner Recherche für dieses Buch waren die Besuche in den vielen Themenparks, die ich vorher noch nicht selbst gesehen hatte – wie zum Beispiel Efteling, aber auch Tokyo DisneySea und kleinere Attraktionen. Diese Besuche erweitern das Verständnis und die Wertschätzung dafür, wie vielfältig, aufregend und inspirierend Themendesigns sein können. Obwohl Disney die Industrie anführt, gibt es daneben noch jede Menge andere tolle Designs.

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Die Anfänge von “Theme Park Design & The Art of Themed Entertainment

Torsten: Also, ich sehe, Deine Leidenschaft für Themenparks ist ziemlich früh entbrannt und hat sich nicht nur auf das Disney-Universum begrenzt. Vielen Dank für diesen Einblick in den ersten “Anfang”. Der zweite “Anfang”, über den ich mit Dir sprechen möchte, ist der Anfang des Schreibprozesses Deines Buches. Denn irgendwann hast Du Dich für den Schritt entschieden, von einem Fan zu einem Profi in diesem Geschäft zu werden. Wie ist es dazu gekommen? Und wie hat der Schritt, als Profi in der Themenpark Industrie zu arbeiten zu dem Entschluss geführt, ein so umfassendes Buch zu schreiben, das so tief in das Thema eindringt, wie sonst noch kein Buch zuvor?

David: Nun, wie ich schon erwähnte, als alle anderen in meinem Filmseminar über großartige Filme schrieben, schrieb ich eben über großartige Attraktionen. Ich hatte großes Glück in meinem zweiten Semester an der Uni an einem internationalen Austauschprojekt mit den USA teilnehmen zu können. Ich hoffte, während dieses Aufenthalts Zeit für ein bis zwei Besuche im Disneyland aufbringen zu können, doch durch pures Glück wurde ich der California State University, Long Beach zugewiesen, die nur 20 Minuten vom Disneyland entfernt liegt! Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich mir noch in der ersten Woche meines Aufenthalts einen Jahrespass kaufte. Morgens besuchte ich Filmseminare und die Abende verbrachte ich im Disneyland und stellte ziemlich schnell fest, dass viele Techniken vom Film auch beim Themenparkdesign eine Rolle spielen; wie das Szenendesign, der Aufbau einer Geschichte, Show-Drehbücher und vieles mehr (natürlich basieren auch viele von Disneys Attraktionsideen auf Filmproduktionen). An britischen Universitäten ist es üblich, im Abschlussjahr eine sog. „10.000 Dissertation“ [entspricht grob einer deutschen Hauptseminars-Arbeit mit 10.000 Wörtern. Anm. der Red.] zu verfassen, und so nutzte ich diese Gelegenheit, um über die Anwendung filmischer Techniken beim ursprünglichen Pirates of the Caribbean zu schreiben.
Ich konnte natürlich nicht alles beschreiben, aber da ich Erfahrung mit Filmliteratur habe und mit den hunderten von Büchern über alle denkbaren Themen (wie Set-Design, Skriptaufbau, Schauspiel und so weiter) wollte ich eben das gleiche, nur für Themenparkdesign finden. Ich hatte natürlich schon Kenntnis von Techniken wie der Forced Perspective, dem Hub&Spoke-Layout oder dem Einsatz von Wällen zur visuellen Abtrennung von Bereichen, aber ich wusste auch, dass in einem Medium, so vielfältig wie es das Themenparkdesign ist, viel mehr dahinterstecken musste. So beschloss ich, dass ich, wenn es so ein Werk noch nicht gäbe, ich es selbst schreiben würde – und brachte mir im Verlauf des Schreibprozesses Themenparkdesign eigenständig bei!
Dadurch öffneten sich für mich Türen zu angesehenen Designern, die mir immer wieder sagten, dass ein solches Werk, wie ich es im Begriff war zu schreiben, schon längst überfällig wäre. Am aufregendsten war natürlich, dass ich einem Manager von Walt Disney Imagineering erklären durfte, woran ich arbeitete: “Du kannst aber nicht über Themenparkdesign schreiben, wenn Du nicht selbst mal bei Imagineering gearbeitet hast“ sagte er mir. “Wir werden Dich dafür wohl herüberholen müssen!”

Torsten: Wow! So bist du also zu dem Job bei Walt Disney Imagineering gekommen? Eine solche Antwort in Verbindung mit der Einladung klingt nach einer überwältigenden Überraschung und ich vermute, dass Du dies nicht erwartet hattest – wie ging es Dir dabei? Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft muss es sich angefühlt haben, wie wenn ein Spieler spontan in den Nationalkader nominiert wird.

David: Ich war unglaublich aufgeregt – es ging etwas in Erfüllung auf das ich, seit ich von Walt Disney Imagineering wusste, hingearbeitet hatte. Seitdem habe ich immer wieder Leute sagen hören, dass man sich von der Masse abheben muss, um bei Imagineering arbeiten zu können und ich merkte, dass mein Alleinstellungsmerkmal war, das erste Buch über Themenparkdesign verfasst zu haben.

Kreatives und clevers Cover-Design

Cover Art des Buches Theme Park Design & the Art of Themed EntertainmentTorsten: Der letze “Anfang”, über den ich mit Dir sprechen möchte, bringt uns zu Deinem Buch zurück, denn es ist genaugenommen der Anfang Deines Buches: das Cover. Von weitem betrachtet, sieht es einfach aus wie ein typisches Cover für ein Buch über Themenparks – ein Disney-Schloss, wie wir es schon oft auf Covern gesehen haben. Aber wenn man es genauer betrachtet erkennt man, dass es sich um viel mehr handelt, als um ein weiteres Schloss von Disney, nämlich um etwas sehr Cleveres – erzähl mir davon!

David: Ich bin froh, dass Du darauf zu sprechen kommst! Als es um das Coverdesign für mein Buch ging, merkte ich schnell, wie schwer es ist einen Themenpark graphisch darzustellen, weil ein „Themenpark“ kein selbsttändiges Motiv ist. Er sieht eher hier nach einer Cowboy-Stadt, dort nach einem futuristischen Raumhafen oder an an anderer Stelle nach einem exotischen Dschungel aus. Das Schloss war das offensichtlichste Symbol für einen Themenpark, aber ich wollte etwas Einzigartiges und so kam mir der Gedanke, viele verschiedene Wahrzeichen von Themenparks – wie ein Piratenschiff, eine Weltraumrakete, einen Wasserturm aus einem Film Studio, die Rocky Mountains, den Eifelturm – zusammen in Form eines Märchenschlosses anzuordnen. Es ist natürlich kein Bau, den ich in der Realität umsetzten würde, aber für diesen Zweck ist es meines Erachtens sehr passend und lustig.

Weitere Teile des David Younger Interviews