Die Wanda Group verkauft ihre Themenparks und Hotels – das Aus für Europa City?
11.07.17, 12:52 |
Noch vor etwas mehr als einem Jahr waren markige Worte vom Chef der Wanda Group, Wang Jianlin, zu hören.
Disney sei mit seinem Parks in Shanghai nur ein Tiger, während Wanda ein ganzes Wolfsrudel sei, mit bald 15 bis 20 Resorts und, so setzte er die Metapher fort, „ein Tiger ist nie stark genug, um ein Rudel Wölfe zu schlagen“.
Der Hype um Mickey Mouse und Donald Duck sei vorbei, sowie auch „die Zeit, in der wir einfach nur blind auch dahin gegangen sind, wohin Disney uns geführt hat“, nun sei es soweit, selbst die Führung zu übernehmen und Wanda werde dafür sorgen, dass Disney auch in 10 Jahren, gar in 20 Jahren, in China nicht profitabel sein werde. Weder mit seinem Resort in Hong Kong noch mit dem neuen Resort in Shanghai.
Nun sieht es so aus, als sei das vorbei.
Das erste Jahr von Shanghai Disneyland
Das erste Jahr von Shanghai Disneyland lief für Disney allerdings ermutigend und besser, als die Prognosen erwarten ließen, wenn man der Bilanz folgt, die Reuters kürzlich zog.
Mehr als 10 Millionen Besucher besuchten den neuesten Park in Disneys Freizeitimperium im ersten Jahr und der Vorstandsvorsitzende von Disney Parks & Resorts, Bob Chapek, sprach davon, dass Disney sich in seinem Vorhaben außergewöhnlich bestärkt sähe und darin das richtige Signal für eine zukünftige Erweiterung von Shanghai Disneyland sowie möglicherweise eine weitere Expansion erkenne.
Nachdem die letzten beiden Abenteuer von Disney außerhalb der USA, das Disneyland Paris und Hong Kong Disneyland, bekannt schlecht aus den Startlöchern gekommen waren, scheint Shanghai zum direkten Erfolg zu werden und auch die Zahlen aus Hong Kong und die für dort geplanten Umbauten und Erweiterungen lassen Disney optimistisch in die Zukunft blicken.
Wanda Group verkauft ihre Themenparks an Sunac China
Zu optimistisch offensichtlich für die Wand Gruppe, deren neuester Park in Nanchang in den ersten sieben Betriebsmonaten gerade einmal 1,3 Millionen Besucher angezogen hat, denn Wanda hat nach den markigen Ankündigungen der vergangenen Jahre nun 76 Hotels und 91% ihrer Anteile an 13 Tourismus-Projekten an die Sunac China verkauft. Mit einem Umfang von 9,3 Milliarden Dollar (ca. 8,2 Milliarden Euro), was das bisher zweitgrößte Immobilien- und Landgeschäft in China darstellt.
Sunac in der Freizeitparkbranche bisher unbekannt
Sunac China ist einer der führenden Immobilienentwickler im Bereich des privaten Wohnraums in China, der vor allem in Tianjin aktiv ist, aber auch Außenstellen in Peking und anderen chinesischen Städten hat. In der Freizeitparkbranche ist Sunac bisher allerdings noch in keiner Weise aktiv gewesen. Mit dem Erwerb der Hotels und Parks von Wanda vergrößert sich Sunac auf einen Schlag massiv – die Kosten der Übernahme übersteigen die aktuelle Marktkapitalisierung, also den aktuellen Börsenwert, von Sunac um 26%. Zum heutigen Tag betrug die Marktkapitalisierung von Sunac lediglich 6,5 Milliarden Euro.
Wanda baut Schulden ab
Die Einnahmen von 9,3 Milliarden Dollar will Wanda, nach Aussage von Wang Jianlin, vor allem dafür nutzen, Darlehen abzubauen um sich auf seinen anderen Märkten neu aufstellen zu können. Die Experten von Bloomberg vermuten, dass damit vor allem die Unterhaltungsbranche mit den Schwerpunkten der zu Wanda gehörenden Kinokette AMC und dem Medienkonzern Legendary gemeint ist.
Der Weg Wandas zu einem, wie Wang es angekündigt hatte, weltweit agierenden Tourismus-Imperium, das bald größer als das der Walt Disney Company sein sollte, endet damit allerdings und das Aushängeschild der Wanda Citys wird zukünftig nicht mehr für das Unternehmen stehen.
Auswirkungen für das Disneyland Paris
Dass dies Auswirkungen für das Disneyland Paris haben könnte, liegt daran, dass eines der Prestigeprojekte dieser Wanda Citys die Europa City sein sollte. Über das neue Freizeitareal, das bald nördlich von Paris eröffnen sollte, hatten wir bereits anlässlich der Unterzeichnung der Verträge im vergangenen Jahr ausführlich berichtet.
Das Ende für Europa City?
Europa City ist ein neues Freizeitresort, das bei Gonesse, ca. 20km nördlich von Paris eröffnen und zum großen Konkurrenten für das Disneyland Paris heranwachsen sollte – passend zu Wangs Strategie, gezielt Disney anzugreifen.
Für den Bau des Resorts, dessen Eröffnung für 2024 geplant, waren Investitionen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro vorgesehen, eine Größenordnung, die durchaus eine ernsthafte Konkurrenz für das Disneyland Paris bedeutet hätte.
Ob das Projekt jetzt endet ist allerdings nicht sicher. Einerseits war es kein Projekt von Wanda alleine, sondern ein Joint Venture mit der französischen Auchan Gruppe und andererseits zieht sich Wanda zwar aus dem Geschäft mit Freizeitparks zurück – allerdings nicht gänzlich.
Auch nach der Übernahme seiner Parks durch Sunac, die zum 31. Juli 2017 vollzogen werden soll, wird Wanda zunächst weiterhin die Betriebsführung der Parks innehaben und auch die Entwicklung und die Gestaltung neuer Attraktionen und Parks soll von Sunac an Wanda ausgelagert werden. Ob dies nur für eine Übergangsphase der Fall sein wird oder dauerhaft ist noch nicht bekannt.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben sich weder Sunac noch Auchan zu Auswirkungen auf die geplante Europa City geäußert.
Keine Europa City, keine Erweiterungen für das Disneyland Paris?
Was würde es für das Disneyland Paris bedeuten, wenn die Europa City aufgegeben werden sollte?
Einerseits würde ein (wahrscheinlich) starker Konkurrent in direkter Nachbarschaft des Disneyland Paris wegfallen. Das mag zunächst positiv für Disneys europäisches Resort klingen, aber ob das auch wirklich so ist, ist zweifelhaft. Mit dem Wegfall würde auch Druck von der Walt Disney Company genommen, mehr Geld in das Disneyland Paris zu investieren. Konkurrenz belebt das Geschäft und auch Walt Disney World in Orlando wäre heute wahrscheinlich nicht da, wo es ist, hätte es nicht im dauerhaften Wettbewerb gegen Universal immer um die Gunst der Besucher kämpfen müssen.
Noch vor wenigen Wochen, im Zuge der Komplettübernahme der Euro Disney SCA durch die Walt Disney Company hatte die Walt Disney Company im sogenannten Capex Plan Investitionen von 2,1 Milliarden Euro in das Pariser Resort angekündigt – und diese in direkten Bezug zur erwarteten Eröffnung von Europa City gestellt.
So wurden in diesem Plan insgesamt Investitionen von gut 750 Millionen Euro in neue, auf dem Marvel Franchise basierende, Unterhaltungselemente und Attraktionen vorgesehen, deren größter Einzelanteil von 400 Millionen auf die Eröffnung einer neuen Marvel-Attraktion inkl. eines umgebenden Areals entfallen soll – mit einer Eröffnung, die für 2024 geplant war, explizit im Plan dargestellt, um der Eröffnung von Europa City zu begegnen.
Noch ist unklar, was aus den Plänen für Europa City letztendlich werden wird und wie die Walt Disney Company darauf reagiert. Sollte sie deshalb die geplanten Investitionen in das Disneyland Paris kürzen, könnte sich der Wegfall eines potentiell großen Konkurrenten am Ende als Nachteil für die Zukunft des Disneyland Paris erweisen.