Frank Gehry & Architektur des Festival Disney – Die Geschichte des Disney Village Teil 2
31.05.13, 20:17 |
Zusammen mit Antoine Predocks Hotel Santa Fe ist das Festival Disney sicherlich das architektonisch abstrakteste Werk des Resorts – und eines das von Anfang an die Meinungen spaltete.
Frank Gehry war sehr skeptisch, was die thematisierte Architektur anging, noch deutlich skeptischer als manch anderer der am Euro-Disney-Projekt beteiligten Architekten und so war das Festival Disney nicht thematisiert im eigentlichen Sinn – und dennoch, oder auch gerade deshalb, war es keineswegs willkürlich, sondern folgte einer eigenen Linie, es ist sozusagen, wie Gehry selbst es einmal ausdrückte, nach Frank Gehry thematisiert.
“Dennoch, als ich die fertigen Gebäude sah, im Kontext der anderen thematisierten Projekte, wurde mir klar, dass mein Bauwerk ein Frank Gehry Thema hatte. Ob ich das mochte, oder nicht, es war de facto thematisiert. […] Weil ich meine eigene architektonische Sprache hatte, und weil dieses Projekt, nehme ich an, aus dem Kern meiner Arbeit erwachsen war, war es ersichtlich.” (Gehry 1996)
Frank Gehry – Architekt des Festival Disney
Mit dem Festival Disney entwarf Frank Gehry einen der architektonisch sicherlich interessantesten Bereiche des Euro Disney Resorts, in einem Stil, der für ihn recht typisch ist, insofern kann man wirklich von einem Frank-Gehry-Theme sprechen. Dabei kamen die für ihn typischen unkonventionellen Formen zum Einsatz, die er auch vielen seiner anderen Gebäude einsetzte, genauso wie der ausgefeilte und anders als gewohnte Einsatz von Materialien wie Zink, Asphalt, Beton, Stahl und Gips.
So reiht sich das Festival Disney perfekt ein in das Werk eines Architekten, der dafür bekannt ist, mit nahezu allen Konventionen seiner Kunst zu brechen und der es damit an die Spitze seiner Branche und zu Weltruhm gebracht hat.
Auch wenn Frank Gehry hauptsächlich dem Dekonstruktivismus zugeordnet wird, so geht er doch weit darüber hinaus und ebnete den Weg für viel Neues, das die Architektur prägte. Nicht umsonst bekam er 1989 den „Pritzker Architecture Price“ verliehen, sozusagen den Nobel-Preis für Architektur und die höchste Auszeichnung, die ein Architekt erringen kann (ein Modell für das Disney-Hotel-Gelände stammte übrigens von einem anderen Pritzker-Preisträger, dem Österreicher Hans Hollein, wurde aber am Ende nicht berücksichtigt. Dazu mehr in einer bald folgenden weiteren Serie in unserem Blog).
Gehry wurde mit der Auszeichnung vor allem für seine Experimentierfreude und auch sein selbstbewusstes Gestalten, ohne Rücksichtnahme auf Erwartungen der Kritiker, ausgezeichnet, und gilt nicht ohne Grund als „Picasso der Architektur“. Für die New York Times ist Gehry der größte Architekt seit Frank Lloyd Wright (auch hier zeigen sich wieder interessante Parallelen zu den Disney Hotels, wie wir in späteren Artikel zeigen werden). Dabei gilt in Architekturkreisen „sein“ Festival Disney bis heute als eines der besten Beispiele für seine Neudefinition von Architektur. Weitere berühmte Werke von Gehry sind das Guggenheim Museum in Bilbao und die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles sowie das Experience Music Project in Seattle, das in der Wahl der Farben und Materialien einige Parallelen zum Festival Disney Komplex aufweist, aber auch in Deutschland war er sehr aktiv, z.B. mit dem Gehry-Tower in Hannover und dem Vitra Design Museum in Weil am Rhein.
Die Ideen hinter dem Festival Disney
Es ist aber auch nicht frei von Anleihen an Vorangegangenes oder thematische Verbindungen. So ist, wenn es auch auf der ersten Blick nicht so erscheinen mag, in einem Bereich, der von seiner Ausrichtung kaum amerikanischer sein konnte, als es das Festival Disney anfänglich war, der Hauptweg eine Hommage an Paris – der Weg zwischen den Säulen, die den beidseitigen Arkadengang bilden, entspricht exakt der Breite der berühmten Pariser Straße „Rue de Rivoli“.
Ursprünglich war angedacht, dass Gehry bei der Gestaltung des Disney Village mit dem Künstler Claes Oldenburg und dessen Frau Coosje van Bruggen zusammenarbeiten sollte. Aber nach anfänglicher Zustimmung der Beiden entschieden sie sich schlussendlich doch dagegen und Gehry arbeitete alleine an der Gestaltung der Vergnügungsmeile des Resorts.
Disney hatte Frank Gehry die Vorgabe gemacht, dass Festival Disney ein Ort sein müsse, der, gerade zu der Zeit, zu der der Himmel in Frankreich grau zu werden begann, hell erstrahlte und die Besucher nach einem anstrengenden Tag im Park anregte, weiter aktiv zu bleiben – und natürlich auch Geld auszugeben.
So kam es zu den einzelnen Elementen der Architektur, den überdimensionalen Neon-Elementen, den metallischen glänzenden Säulen, in denen sich eben dieses Licht der Neon-Schilder diffus spiegelte und zur Konstruktion des Oberlichtes aus 3500 Birnen, die dem Festival Disney auch an einem bewölkten Tag einen Sternenhimmel gaben. Hinzu kamen im südlichen Teil der Key-West-Komplex in leuchtendem Weiß, das auch an einem regnerischen Tag niemals grau erscheinen konnte.
Neben diesem strahlenden, leuchtenden und damit die Menschen anziehenden Aspekt, sollte das Festival Disney auch als eine Art Bruchstelle zwischen den zwei in unterschiedlicher Manier thematisierten Bereichen des Parks und der Hotels fungieren.
So wie der Park ein fantasievoll, märchenhaft und spielerisch thematisierter Bereich ist, so sind die Hotels zwar auch thematisiert, aber weitestgehend in einer urbaneren Atmosphäre, in einer nüchterneren (Hotel New York, Hotel Santa Fe) oder realistischeren Art und Weise (Newport Bay Club, Sequoia Lodge, Hotel Cheyenne – im Sinne einer Kulissen-Stadt für einen Western-Film), ohne Disney-typische Elemente wie Characters etc.
Das Festical Disney als Schaltstelle zwischen Park und Hotel-Gelände
So diente das Festival Disney, wie Michael Eisner einmal sagte auch als eine Art Umschaltwerk zwischen der magischen Welt des Parks und der thematisierten aber eher greifbaren Welt des Hotelgeländes.
Der Begriff eines „Umschaltwerkes“ birgt auch einen Bezug zum Einzigen was, nach Gehrys eigener Aussage, am Festival Disney einer Thematisierung im klassischen Sinne nahekommt.
Gehry stellte die durch die Metallsäulen gebildete Kolonnade im rechten Winkel zum Verlauf der Bahnschienen auf, so, als seien die Säulen die Überbleibsel eines alten Kraftwerkes, von wo aus der Strom auf diese Weise zu den Schienen und an den Bahnhof geführt worden wäre.
Allerdings konnte dieser Effekt nie so umgesetzt werden, wie Gehry sich das vorgestellt hatte, da der große Vorplatz, der zwischen Bahnstation, Disneyland Park und Festival Disney aus Sicherheitsgründen anders, und vor allem mit weniger den Raum unterteilenden Elementen als geplant, gebaut wurde.
Gehry war allerdings nur für das Äußere des Komplexes zuständig, nicht für das Interieur, sowie die Ausrichtung der Shops und Restaurants – mit der kleinen Ausnahme, dass er auf das Annette’s Diner Einfluss nehmen konnte und dem vom restlichen Komplex leicht abgetrennten Gebäude eine thematische Richtung vorgab. Es gab zwar ein entsprechendes Angebot von Disney an Gehry, auch die Innenarchitektur der Geschäfte und Restaurants zu übernehmen, das dieser aber ablehnte.
Die Thematiesierung der Innenräume
Die Thematisierung der Restaurants und Shops war in der ursprünglichen Form eindeutig eine Reise durch verschiedene Regionen und Jahrzehnte der USA. In einer Disney-eigenen Broschüre hieß es einmal, das Festival Disney sei eine Reise durch die USA entlang der Route 66 – aber das trifft weder in innerer noch in äußerer Gestaltung zu, denn weder erinnerte die Architektur Gehrys der Route 66 noch spiegelte sich ihr Verlauf im Disney Village wieder.
Es trifft aber insofern zu, dass die einzelnen Shops & Restaurants alle amerikanischen Themen folgten.
Welche das im einzelnen waren, könnt Ihr im nächsten Teil dieser Serie lesen.
Ein paar Bilder zur Anfangszeit des Festival Disney
(c) einiger Bilder aus dieser Artikelserie: Disney / Euro Disney SCA / Frank Gehry
Literaturauswahl zum Thema:
Dunlop, Beth: Building a dream. The Art of Disney Architecture. New York 1996.
Connaisance des Arts. (Hors Serie) Euro Disney Special Issue. Paris 1992.
Marling, Karal Ann: Designing Disney’s Theme Parks: The architecture of reassurance. Candadian Center for Architecture. Montreal 1997.
Eisner, Michael: Work in Progress. New York 1998.
Lainsbury, Andrew: Once upon an American dream. The Story of Euro Disneyland. Lawrence, Kansas 2000.
Littaye, Alain und Ghez, Didier: Disneyland Paris. From Sketch to Reality. Paris 2002.
McNenly, Linda: Native Performers in the Wild West Shows: From Buffalo Bill to Euro Disney. Oklahoma City 2012.