Vasile Sirli – Musikalischer Direktor Disneyland Paris – Teil 1 – Cast Member Interviews
12.11.13, 10:00 |
Vasile Sirli ist der musikalische Direktor des Disneyland Paris. Er arbeitet seit 1989 für Disney und ist für viele der bei Parkbesuchern beliebten musikalischen Werke des Resorts verantwortlich.
Sirli wurde 1948 in Varias in Rumänien geboren und war und ist auch als Komponist & Produzent vieler klassischer und moderner Werke tätig, außerdem komponierte er viel für Theaterproduktionen und Kinofilme.
Torsten: “Die Weihnachtssaison im Disneyland Paris beginnt gerade und steht, natürlich, wieder deutlich im Zeichen Ihrer Kompositionen. Können Sie uns einen kleinen Einblick in die zentralen Elemente Ihrer diesjährigen Musik geben?
Vasile: “Ich habe den Eindruck, dass das Disneyland Paris dieses Jahr zur Weihnachtszeit ganz im Zeichen der Romantik steht. Es ist besonders romantisch dieses Jahr, geprägt von zarten Tönen, das ist das, was ich dabei fühle.
Ich weiß nicht, ob alles so funktioniert, aber was wir wollten ist im Park mit der Musik ein warmes Ambiente zu erzeugen.
Zum Beispiel bei „Magical Christmas Wishes, der Tree Lightning Ceremony, die von Gregory Smith, einem hervorragenden Arrangeur und Produzenten aus Kalifornien, maßgeblich gestaltet wurde.
Als wir daran gearbeitet haben wollte Katy Haris, Show Director, Bezüge zu „When you wish upon a star“ darin haben, sie wollte diese Verbindung zwischen „Wishes“ (= Wünsche) und Weihnachten. Und das ist der Grund aus dem sich die Ceremony so poetisch anfühlt. So ist es auch bei „Dreams of Christmas“, es erzeugt dieselben, romantischen Gefühle und Eindrücke einer romantischen Weihnachtszeit.
Was wir dieses Jahr auch besonders zu schätzen wissen ist das hohe Niveau aller Beteiligten: der Orchester, der Sänger, der Chöre, der Arrangeure, der Produzenten und der Darsteller.
Ich habe das Gefühl, dass dies alles, inklusive der Parade, deren sehr energiereicher Song „Magic Everywhere“ punktuell um weihnachtliche Klänge ergänzt wurde, nur um ein paar wenige Noten, dieses Gefühl romantischer, warmer Weihnachtsstimmung ergibt.
Das ist die neue Stimmung der diesjährigen Weihnachtssaison, die sich auch in der wunderschönen Gestaltung und Dekoration im Park wiederfindet, auch im neuen Weihnachtsbaum und natürlich in der außergewöhnlichen neuen Show „Dreams of Christmas“.
Auch die neuen Elemente der Cavalcade sollten unbedingt beachtet werden, die gefallen mir sehr gut! Ich war jedes Mal aufs Neue berührt, wenn ich sie bei den Proben gesehen habe.
Ich denke, dieses Jahr gehen wir einen weiteren Schritt zurück zu einer größeren Vielfalt an Details, bei den Kostümen, bei der Gestaltung der Dekoration, bei den musikalischen Werken – diese Rückkehr zum Detailreichtum liegt unseren Vorgesetzten sehr am Herzen.
Das weiß ich selbst sehr zu schätzen, dass dieser Wunsch, auf jede Kleinigkeit aufmerksam zu achten, die wir den Gästen präsentieren, wieder so stark ist.”
Torsten: “War dieses „Zurück zur Romantik“ ein besonderes Leitmotiv, das Sie den diesjährigen Kompositionen von Anfang an gegeben haben?
Vasile: “Das war eigentlich nicht vorgegeben, es hat sich ganz natürlich ergeben als wir auf die Idee kamen eine Show mit dem Thema „Wishes“ zu kreieren, von Wünschen voll Wärme, friedlichen, großherzigen Wünschen. Und bei Dreams entstand dasselbe Gefühl. Steve Davison, dem Schöpfer von Dreams, der ein Künstler ist mit einem sehr sensiblen Gespür für Stimmungen, hat dem Team diesen Wunsch nach Romantik und Eleganz für die Gestaltung für die Musik und der Animationen sehr gut mit auf den Weg gegeben.
Ich versuche als Musiker immer sehr aufmerksam dem zu folgen, was vom Show Director als Thema vorgegeben wird, was wir damit ausdrücken wollen.
Und dieses Jahr, wie auch schon vorher im Prozess der Weiterentwicklung unseres Stiles, habe ich insbesondere darauf geachtet so zu variieren, dass ein Unterschied zu den letzten Jahren deutlich gemacht wird. Und dieses Jahr war das Ziel, um es mit einem anderen Wort, als „romantisch“ zu sagen, die Weihnachtszeit gefühlvoller zu gestalten, etwas worüber ich mich sehr gefreut habe.”
Wie sich Vasile Sirli immer wieder neue Inspiration schafft
Torsten: “Sie sind jetzt seit mehr als 20 Jahren hier im Disneyland Paris und es ist nicht Ihre erste Weihnachtssaison, wie schaffen Sie es immer wieder diese Unterschiede zu den Jahren zuvor herauszuarbeiten? Wie erhalten Sie sich Ihre Kreativität, immer wieder auf neue Ideen zu kommen, zu jährlich wiederkehrenden saisonalen Elementen?
Vasile: “Oft geschieht das, wenn man sich einfach der Musik hingibt. Wenn man z.B. die klassische Weihnachtsmusik nimmt, z.B. die Nussknacker-Suite von Tschaikowski, man hört es, und plötzlich kommt man auf die Idee für einen neuen Stil. Wie vor ein paar Jahren, als wir eine Parade hatten, die auf Tschaikowskis Nussknacker basierte.
Schon dadurch wird natürlich eine ganz andere Stimmung, ein ganz anderes Gefühl erzeugt, als bei anderen Stücken. Es ist z.B. etwas ganz anderes, wenn man als Vergleich dazu Chante c’est Noel heranzieht. So entstehen ganz unterschiedliche Dinge.
Wenn man einfach die Basis für eine Show nimmt, kann man auf dieser Basis ganz unterschiedliche Dinge entwickeln, abhängig davon, was man als Inspiration nimmt, sei es etwas klassisches wie Tschaikowski oder moderne Musik, einen Pop-Song. Diese Varianz in der Wahl des Themas führt dazu, dass es gelingt für jede Saison neue Akzente zu setzen und immer wieder Neues zu präsentieren.”
Musikalische Vorbilder der diesjährigen Weihnachtsmusik
Torsten: “Welche Bezüge können wir in der diesjährigen Weihnachtskomposition finden?
Vasile: “Dieses Jahr ist das vor allem ein Medley aus den wichtigsten, den bedeutendsten Stücken des riesigen Repertoires der Weihnachtsmusik.
Ein großer Vorteil der Weihnachtsmusik ist, dass man in vielen Ländern die gleichen Stücke, die gleichen Lieder kennt, wie zum Beispiel „Stille Nacht“, das dasselbe ist wie „Silent Night“ oder „Douce Nuit“ – es ist dieselbe Melodie. Man muss es nur ein wenig summen und pfeifen und jeder Mensch, unabhängig von seiner Sprache weiß: „das ist Weihnachten“.
Und das herauszuarbeiten war die diesjährige Idee des Show Directors, diese überall bekannten Melodien, insbesondere die sanften, die romantischen, als Basis für ein Medley für die diesjährige Weihnachtssaison zu nehmen.”
Wie man im Frühjahr in Weihnachtsstimmung kommt
Torsten: “Sie schreiben ja die Kompositionen für Weihnachten nicht in der Weihnachtszeit – das muss ja weit im Vorfeld geschehen, zum Beispiel im Frühjahr oder Frühsommer.
Bei vielen Leute ist es aber so: sie lieben Weihnachten und die Weihnachtszeit. Aber nach der Weihnachtszeit sind sie erst einmal gesättigt von Weihnachten und möchten von Weihnachtsliedern und Weihnachtsstimmung nichts mehr sehen und hören.
Wie schaffen Sie es, sich in dieser Zeit in die richtige Stimmung zu versetzen, um Musik für Weihnachten schreiben zu können?
Vasile: “Das ist der Vorteil eines professionellen Musikers. Es ist eine Frage des Vermögens, sich selbst in eine andere Welt zu versetzen. Es ist wie bei einem Schriftsteller. Dem gelingt es auch, einen Western-Roman zu schreiben, wenn er in Düsseldorf wohnt. Er kann einfach dort bleiben und sich in Gedanken in eine andere Welt versetzen.
Das ist dieselbe Art zu träumst, es ist die Kraft der Vorstellung. Wer Musik komponiert, ist so in der Materie, im Thema drin, dass er sich von allem um sich herum isolieren kann. In den eigenen Gedanken werden neue, eigene Orte erschaffen.
Das kann man sich wie eine Art zu reisen, zu träumen vorstellen. Und es ist eine riesige Freude, bei der man leuchtende Augen bekommt, wenn man anderen Menschen sagen kann, „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe mich heute für 5 Stunden in der Weihnachtszeit befunden“, und das, wenn es in der realen Welt gerade Mai oder Juni ist.
Es ist für mich unglaublich wertvoll, diese Fähigkeit zu besitzen.
Diese Geheimnis von kreativ tätigen Menschen, ist etwas, was man sehen kann. Manchmal kann man das bei Interviews oder Meetings sehen, ja sogar fühlen: Wenn jemand, der etwas Kreatives entwickelt plötzlich träumerisch wird und weit weg zu sein scheint, dann ist er nicht einfach abgelenkt, sondern er ist wirklich dort, er reist in das Thema, an dem er gerade arbeitet.
Jetzt im Moment arbeiten wir natürlich schon wieder an anderen Dingen, die nichts mit Weihnachten zu tun haben. Aber der große Vorteil bei Disney ist, dass irgendwie jeden Tag Weihnachten ist, jeder Tag ist magisch, das macht das Reisen so leicht. Diese Magie und Kreativität ist essentiell, es macht es so leicht, seine Gedanken zu regenerieren, die Arbeit wieder aufzunehmen, immer wieder etwas neues zu tun und immer wieder auf neue Ideen zu kommen.
Als wir an der aktuellen Saison, an der der diesjährigen Weihnachtssaison gearbeitet haben, vor allem im April und Mai, hatten wir so viele Ideen, dass wir gar nicht alle einbringen konnten, auf viele verzichten mussten, weil es einfach nicht genug Möglichkeiten gab, alle diese Ideen umzusetzen. Und so haben wir immer schon neue Ideen für die kommende Saison, so hat man immer viel Potential, um das Thema in jedem Jahr weiter und weiter zu entwickeln.
Das ist die Magie in uns, in jedem, auch wenn er noch so hart an den Shows arbeitet. Es ist unsere Art, uns weiter zu entwickeln, auch für uns selbst immer wieder etwas Neues zu tun und wenn wir das gemacht haben, sehen wir natürlich auch, ob es für unser Publikum in der Weihnachtszeit so funktioniert, wie wir uns das im April oder Mai erträumt haben. Am besten funktioniert das, wenn es für uns selbst eine Freude ist daran zu arbeiten.”
Den zweiten Teil unseres Interviews mit Vasile Sirli könnt Ihr in wenigen Tagen in unserem Blog finden!